Das Asylrecht und der Zorn der Bürger - 15. April 2023


Das Asylrecht und der Zorn der Bürger

Nicht nur auf dem Tempelhofer Feld in Berlin werden Zuwanderer in Containern untergebracht. Sind die politisch Verantwortlichen in Deutschland durch beunruhigende Nachrichten aus der Wirklichkeit noch zu erreichen? Dann müsste eine neue Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach sie eigentlich alarmieren: Danach schwindet die Bereitschaft der Bevölkerung, die nach wie vor ungeordnete Zuwanderung zu akzeptieren, sie gar für eine Lösung des Arbeitsmarktproblems oder auch für eine Bereicherung zu halten, in dramatischer Weise. Und diese Entwicklung ist absolut nachvollziehbar.

Rund 60% (in Ostdeutschland 70%) der Befragten sind überzeugt, dass Deutschland keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen könne. 50% befürworten Einschränkungen des geltenden Asylrechts. 85% wollen ein Einwanderungsgesetz, das Kontrolle darüber erlaubt, wer aus welchen Gründen nach Deutschland kommt. Eine derartige Stimmung gab es nicht einmal in der ersten großen Flüchtlingskrise 2015.


Deutschland hat ein Kriminalitätsproblem

Bundesinnenministerin Nancy Faeser stellte am 30.03.2023, in Berlin die polizeiliche Kriminalstatistik des Jahres 2022 vor. Innerhalb von 24 Stunden erlebte die deutsche Politik einen Realitätsschock. Der Mittwoch stand im Zeichen guter Absichten, der Donnerstag hingegen sorgte für eine unsanfte Landung auf dem Boden der Wirklichkeit. Kaum hatte die Regierung im Parlament und im Kabinett die Bundesrepublik als Chancenland für ausländische Fachkräfte dargestellt, zeigte die polizeiliche Kriminalstatistik einen entscheidenden Grund, warum das Land in der Mitte Europas an Attraktivität verliert: Deutschland hat ein Kriminalitätsproblem.

Innenministerin Nancy Faeser von der SPD nannte an diesem Donnerstag die Berliner Republik einen „starken Rechtsstaat und ein sicheres Land". Die Zahlen entwickeln sich jedoch in die entgegengesetzte Richtung. Insgesamt gab es 2022 etwa 5,6 Mio. Straftaten. Das sind 11,5% mehr als im Vorjahr und immerhin 3,5% mehr als 2019. Es handelt sich also keineswegs bloß um Nachholeffekte nach der Corona-Pandemie.


Eine Auffälligkeit unter nichtdeutschen Verdächtigen

Im Bereich der Gewaltkriminalität beträgt das Plus rund 20% im Jahresvergleich, ebenso bei den Sexualstraftaten. Bei der gefährlichen und schweren Körperverletzung addiert sich der Zuwachs auf 18%. In sämtlichen genannten Kategorien stieg der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger überproportional – wenngleich der Anteil der tatverdächtigen Flüchtlinge von 2021 zu 2022 leicht zurückging.

Die Innenministerin verwies bei der Präsentation der Zahlen auf die Opfergruppen, verwendete aber kaum einen Gedanken für die Täter. Die SPD-Politikerin gab bedrückt zur Kenntnis, dass mehr als die Hälfte aller Frauen nachts „bestimmte Orte und Verkehrsmittel" meide. Faeser empfahl mehr Licht auf den Straßen und mehr Begleitpersonal in den Zügen. Die Frage nach dem Zusammenhang von ausländischer Staatsangehörigkeit und Gewalt stellte sie nicht.

Erst der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, reichte die Fakten nach: „Bei den nichtdeutschen Tatverdächtigen haben wir seit 2019 einen Anstieg von 14,8%, bei den deutschen Tatverdächtigen einen Rückgang von 0,7%." Er fügte hinzu: „Hier ist eine Auffälligkeit."

Damit der Merkwürdigkeiten nicht genug: Noch „deutlich höher" war der Zuwachs nichtdeutscher Tatverdächtiger unter Kindern und Jugendlichen. Einem Plus im Jahresvergleich von 49% steht ein Anstieg von lediglich 18% bei deutschen Minderjährigen gegenüber. „Starke Anstiege" der Delikte gab es laut Münch unter ukrainischen ebenso wie unter syrischen jungen Flüchtlingen. Man müsse jedoch sämtliche Entwicklungen „vor dem Hintergrund der aktuellen Migrationszahlen" einordnen. Mehr als 1,4 Mio. Menschen seien 2022 eingewandert, „ein historischer Höchstwert". Natürlich steige dann auch die Kriminalität.

Mit dieser lakonischen Feststellung markierte Münch die Grenze aller Versuche, Deutschland allein durch die leichtere Anerkennung von Bildungsabschlüssen und eine neue „Chancenkarte" auf der Grundlage eines Punktesystems anziehender zu machen für qualifizierte Einwanderer.

Diesen Weg hatte das Kabinett am Mittwoch beschritten, und diese Bemühungen hatte der Kanzler vor dem Bundestag gelobt. So, versprach Olaf Scholz, werde es künftig „attraktiver, seine Fähigkeiten und seine beruflichen Qualifikationen hierzulande einzusetzen". Die Regierung wolle weitere „Hürden" beseitigen.


Falsche Anreize

Der blinde Fleck in der gesamten deutschen Integrationsdebatte ist die innere Sicherheit. Und offenbar ist auch der Kanzler fest entschlossen, diesen Teil der Wirklichkeit auszublenden. Scholz weigert sich, Zuwanderung unter sicherheitspolitischen Aspekten zu betrachten. Wenn die Kriminalität jedoch auch aufgrund der aktuellen Migrationspolitik steigt, dann setzt diese Politik falsche Anreize.

So wichtig es ist, ausländischen Hochschulabsolventen und Facharbeitern den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern: Diese Versuche bleiben Stückwerk, wenn Deutschland nicht wieder sicherer wird, bei Tag und Nacht, in Bussen und Bahnen, auf Straßen und Plätzen.

Natürlich spielen auch andere Faktoren eine Rolle: gute Löhne, gute Schulen und wettbewerbsfähige Steuern. Und hier sieht Deutschland im internationalen Vergleich eher schwach aus. Aber ohne Sicherheit geht beim Ringen um die besten Kräfte gar nichts.

Was nötig wäre, liegt auf der Hand: die Rückführung von Personen ohne Aufenthaltsrecht, die zügige Bestrafung von Straftätern und gegebenenfalls auch die Abweisung von Nicht-EU-Bürgern an der Landesgrenze, sofern erkennbar kein Asylgrund vorliegt. Selbst eine Reduzierung der Sozialleistungen für ausländische Staatsbürger sollte kein Tabu sein. Denn eine Regierung, die stetig anschwellende ungesteuerte Zuwanderung als Naturschicksal begreift, wird ihrer Verantwortung nicht gerecht.

Die Spaltung der Gesellschaft ist eben nicht nur ein soziologisches und ökonomisches Problem. Es hängt auch mit der prinzipiellen Bereitschaft zusammen, Auffassungen und Interpretationen der Wirklichkeit, die man für grundfalsch hält, überhaupt gelten zu lassen und nicht sofort mit wüsten Feinderklärungen zu beantworten. Rufe wie „Lügenpresse!" und „Volksverräter" sind inzwischen pandemisch geworden.

So wird es immer schwieriger, die Orientierung zu behalten und zivilisatorische Mindeststandards im Meinungsstreit zu bewahren. Man muss nur Sahra Wagenknecht und ihren russlandfreundlichen, amerikafeindlichen und antiwestlichen Friedensfreunden zuhören. Ihre zahlreichen Talkshow-Auftritte sind leider kein Beleg für eine Streitkultur, in der das bessere, weil triftige Argument zählt, denn selbst gegen eine zahlenmäßige Übermacht kompetenter Kritiker beharrt sie mantramäßig auf ihrer Position. Das treibt die Gesprächspartner regelmäßig zur Verzweiflung.

So sind die letzten Versuche einer rationalen Auseinandersetzung längst der Logik von erbitterten Showkämpfen gewichen, die allein der Unterhaltung des Publikums und der narzisstischen Selbsterhöhung dienen. Entscheidend ist der Aufmerksamkeits- und Erregungsfaktor: Demagogie, Propaganda und spektakuläre Mutmaßungen für die medialen Echokammern.

Deutschlands Bürgermeistern und Landräten ist die Situation längst klar, schließlich müssen sie die Turnhallen, die leerstehenden Supermärkte oder die Grundstücke für Containerdörfer finden, in denen Asylbewerber und Flüchtlinge noch untergebracht werden können. Als Kommunalpolitiker bekommen sie direkte Rückmeldungen aus Kindertagesstätten und Schulen, die mit der schwierigen Integration immer weiterer nicht deutschsprachiger Kinder heillos überfordert sind. Und sie spüren die wachsende Irritation ihrer Mitbürger, die sich eben nicht pauschal als Rassismus abtun lässt.


Die fatale Behauptung: „Wir schaffen das!"

Doch schon auf der Ebene der Regierungen der Bundesländer – egal, in welcher politischen Konstellation – und erst recht bei der Ampelkoalition im Bund setzen die pädagogisierenden Beschwichtigungen ein. Man warnt so routiniert wie sorgenvoll vor Fremdenfeindlichkeit. Man prangert „Islamfeindlichkeit" an – statt sich mit dem politischen Islamismus auseinanderzusetzen. Man vermischt Asylrecht, Arbeitsmigration und Kriegsflucht. Man verweigert jede klare Aussage darüber, was von Menschen erwartet wird, die dauerhaft in Deutschland leben wollen.

Die prominenteste Vertreterin der pädagogisierenden Beschwichtigung war ohne Zweifel die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrer fatalen Behauptung „Wir schaffen das!". Analytisch hatte die Christdemokratin insoweit recht, als es einem wirtschaftlich relativ starken Land wie Deutschland durchaus möglich ist, 1 Mio. (2015) oder auch 1,3 Mio. Menschen (2022) zusätzlich zu behausen, ihnen Deutsch beizubringen und ihnen Zugang zu einem Arbeitsmarkt zu verschaffen, der auf allen Qualifikationsniveaus nach Arbeitskräften verlangt.

Was Merkel nicht sagte, war, dass dieses „das", was da zu schaffen sei, eine gewaltige nationale Anstrengung bedeutet. Eine Anstrengung, die irgendwer auf sich nehmen muss. Wer bringt die Mühe, die Arbeit, das Mitgefühl auf, um Ankömmlingen aus oft sehr fremden Kulturen die Sprache und die Regeln beizubringen, ohne die Fremde und Deutsche nicht gut zusammenleben können?

Um Missverständnissen, auch böswilligen, vorzubeugen: In der deutschen Bevölkerung gibt es Rassisten und Fremdenfeinde – wie in vermutlich jedem Land der Welt. Gegen diese Leute müssen Demokraten aufstehen. Aber die grundsätzliche Sorge darüber, was aus der deutschen Gesellschaft wird, wenn dem „schaffen" nicht mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird, ist kein Rassismus.

Der Wunsch, über das konkrete „Wie denn?" der Integration zu reden, ist kein Rassismus. Die Frage, bei welcher Zahl – Weltbank und Vereinte Nationen prognostizieren bis zum Jahr 2050 etwa 200 Mio. Armuts-, Klima- und Kriegsflüchtlinge – die Grenze der Aufnahmefähigkeit eines Landes liegt, ist nicht rassistisch.

Die Deutschen differenzieren sehr wohl zwischen den aus der Ukraine geflüchteten Frauen und Kindern, die, wie die Allensbach-Chefin Renate Köcher es in der „FAZ" formuliert, „aus einem ähnlichen Kulturkreis stammen und von ihrer soziodemografischen Zusammensetzung her den Vorstellungen von Flüchtlingen entsprechen", und jungen Männern aus Afghanistan, Syrien, Libanon, dem Irak oder Eritrea, die in Deutschland ihr Glück suchen.


Fleiß, Lernbereitschaft, Anpassungsfähigkeit

Auch deren Hoffnungen sind nachvollziehbar. Und diejenigen von ihnen, die Fleiß, Lernbereitschaft und Anpassungsfähigkeit an den Tag legen, haben häufig die meisten Schwierigkeiten mit einer deutschen Bürokratie, welche die Freundlichen schikaniert und vor den schweren Fällen kuscht. Von Letzteren allerdings gibt es viele, wie die Kriminalstatistiken belegen.

Die neusten Zahlen stammen aus Baden-Württemberg: 43% der Tatverdächtigen des Jahres 2022 hatten demnach im Ländle keinen deutschen Pass. Der Anteil der Nichtdeutschen an der Gesamtbevölkerung beträgt aber weniger als 20%.

Während die Kriminalität der Deutschen in Baden-Württemberg um 4,5% im Vergleich zum Vorjahr zunahm, stieg sie bei den Migranten um mehr als 20%. Die Kriminalität afghanischer Flüchtlinge verdoppelte sich von 2021 auf 2022 sogar. Selbst wenn darunter auch Verstöße gegen das Ausländerrecht sein sollten – die Tendenz ist schlimm. Und es ist ganz sicher nicht rassistisch, wenn die eingesessene Bevölkerung, gleich welcher Herkunft, ein solches Verhalten für grob undankbar hält.

Die politische Exekutive, allen voran die Ampelregierung im Bund, wäre gut beraten, den Frust der Bürger ernst zu nehmen. Ohne eine Verschärfung des Asylrechts wird es nicht gehen, auch im Sinne aller Flüchtlinge, die schon im Land sind.

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