Aktuelles von der Wirtschafts- und Finanzkrise am 30. April 2020


Die Wohlstandsgesellschaft wacht auf –

Das Ende der Wohlstandsgesellschaft

Droht eine globale Währungs- und Finanzkrise? –

Besser als die Bazooka von Daniel Stelter erschienen im Spiegel Nr. 18 S. 68 -


Die Deutschen erwachen aus ihrer Wohlstandsgesellschaft. Die herrschende Politik der Frau Merkel mit ihrer kapitalistischen Einheitspartei CDUCSUSPDGrüneLinke, die immer und überall mit erhobenem Zeigefinger ihre hohe Moralität betonte, ist nun in der Realität angekommen.

Der offene Geldbeutel gehört ebenso zur Grundausstattung des deutschen Politikers wie die Standardformel: „Wir sind ein reiches Land, wir können uns das leisten!" Auch jetzt, da die Corona-Epidemie laut Bundeskanzlerin Angela Merkel das Land in die „größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg" stürzt, wird der Eindruck der unendlichen Liquidität erweckt. „Nun zahlt sich aus, dass wir in der Vergangenheit gut gewirtschaftet haben", so klopft sich Finanzminister Scholz auf die Schulter. Was der SPD-Politiker verschweigt: Die „schwarze Null" wurde auf Kosten der Bürger erreicht. Erstens, weil die Nullzinspolitik die Schuldenlast von Bund, Ländern und Gemeinden stark gedrückt hat, derweil der kleine Sparer insgeheim enteignet wurde. Und zweitens, weil den Bürgern Steuer- und Abgabensenkungen vorenthalten wurden, als dies dank sprudelnden Einnahmen (2019 fast 800 Milliarden Euro) möglich gewesen wäre.

Hilfe-Anträge schnellen hoch

Bei Ebbe sieht man, wer ohne Badehose im Wasser steht", pflegt der amerikanische Großinvestor Warren Buffett zu sagen. Im angeblich so „reichen Deutschland" sieht man nun viel Nacktheit: Von zig Tausenden Solo-Selbständigen über den Kleinunternehmer bis zum Großkonzern hat ein Run auf staatliche Hilfsgelder und Kredite ohne Bonitätsprüfung eingesetzt. Wenn die selbsterklärten Existenznöte berechtigt sind, so zeigt dies vor allem, wie dünn der Firnis des Wohlstands zwischen Flensburg und Konstanz in Wahrheit ist. Drei Wochen Umsatzeinbruch und drohender Verdienstausfall genügen, schon schnellt die Zahl der Anträge auf „unbürokratische Soforthilfen", Kurzarbeiter- und Arbeitslosengeld nach oben.

Eine wesentliche Ursache für die Schieflage von armen Bürgern und reichem Staat ist die geringe Eigentumsquote in Deutschland: Nur 42,1% der Haushalte leben in den eigenen vier Wänden. 57,9% sind Mieter. In Ost- und in Südeuropa müssen die Bürger hingegen (mit Quoten von deutlich über 70%) nicht einen Großteil ihres Einkommens für hohe Mieten aufwenden. Sie können zudem auf funktionierende Familienverbünde zurückgreifen.

Einem geringen staatlichen Vermögen – ein kleiner Staatsfonds, keine Rohstoffe, nur noch wenige staatliche Unternehmen und eine zunehmend überalterte Infrastruktur – stehen in Deutschland erhebliche Schulden des Staates gegenüber. Zwar ist die offiziell ausgewiesene Verschuldung gering. Die verdeckten Verpflichtungen des Staates für Pensionen sind erheblich, zählt man die Verpflichtungen aus dem formell separaten Renten- und Sozialsystem dazu. Dabei wissen wir alle, dass in Zukunft immer mehr Steuergelder darauf verwendet werden müssen, die Lücken in den Sozialversicherungen zu schließen. Die Schulden sind also noch höher.

Gefühlter Reichtum

Denn das deutsche Job-Wunder wurde vor allem mit Billiglöhnern erkauft. Deshalb errechnet der Weltwohlstandsbericht der Crédit Suisse für 2019 für die Deutschen ein Netto-Medianeinkommen von gerade einmal 1.869 €. 41% der Deutschen hätten mit weniger als 10.000 Dollar kein nennenswertes Vermögen. Eine Ursache, warum ein Großteil der Bevölkerung nicht vom insgesamt hohen Vermögensstand Deutschlands profitiere, sei die einseitige Verteilung von Immobilienbesitz und Aktienanlagen. Beides wird von der deutschen Politik nicht gefördert.

Im Gegenteil: Aus ökologischen Gründen werden Bauflächen verknappt und Energieauflagen ständig erhöht. Eine zugleich unbegrenzte hohe Zuwanderung von Zuwanderern reduziert das Wohnangebot zusätzlich. Auch deshalb sind die Preise für Immobilien seit 2010 um 25 (Nordrhein-Westfalen) bis 153% (Bayern) gestiegen – damit sind sie für viele Normalverdiener unerschwinglich. Die mittlerweile höchsten Strompreise und Abgabenquoten schränken das verfügbare Einkommen zusätzlich ein, derweil Bund, Länder und Kommunen sogar Überschüsse erwirtschaften konnten.

Der gefühlte Reichtum hat für Deutschland auch außenpolitisch unangenehme Folgen, wie man jetzt in der Corona-Krise sieht: Wie selbstverständlich wird von Berlin erwartet, dass es sich „solidarisch" zeigt. Was im Klartext heißt: für die Schulden anderer EU-Staaten aufzukommen. Italiens Politiker von links bis rechts scheuen sich nicht, die Nazi-Keule zu schwingen, um das Zugeständnis zu Conora-Bonds zu erzwingen, die in Wahrheit eine den Euro-Verträgen zuwiderlaufende Schuldenübernahme bedeuten.

Es ist nie genug

Dass Deutschland schon heute der größte Nettozahler in der EU ist, den größten Anteil der ehemaligen britischen Zahlungen von über 10 Mrd. Euro übernommen hat, und über diverse Rettungsschirme enorme Haftungsrisiken eingegangen ist, statt 99 nur noch 96 EU-Abgeordnete hat oder auf eine EU-Personalpolitik weitgehend verzichtet, wird von keinem der „europäischen Freunde" anerkannt: Es ist nie genug. Auch die französische Politik läuft seit je darauf hinaus, die deutschen Geldtöpfe im Namen der „europäischen Vertiefung" anzuzapfen.

Da „mehr Europa" auch zum Primat der deutschen Politik zählt und alle Parteien außer der AfD ständig geloben, „Leuchtturm" bei der europäischen Vertiefung sein zu wollen, wirkt jede abgelehnte (Geld-)Forderung kaltherzig und heuchlerisch.

Finnen, Niederländern oder Österreichern nimmt es niemand übel, wenn sie nationale Interessen vertreten. Deutschland schon. Zu vielen Bürgern und Unternehmen fehlen die Reserven. Der „Exportweltmeister" ist in Wahrheit ein armes Land. Abgewirtschaftet von einer falschen Politik, die Konsum vor Investitionen stellt.

Das Ende der Wohlstandsgesellschaft

Das Wirtschaftshoch in der Eurozone hat Ende 2019 den Höhepunkt überschritten. Nun rächt sich, dass in den letzten zwölf Jahren auf Verteilen und Verwalten, statt auf das Sichern der Zukunft gesetzt wurde.

Nach der jahrelangen kalten Enteignung ihrer Sparvermögen durch die Niedrigzinspolitik der EZB drohen den Bürgern künftig auch noch Arbeitsplatzverluste und damit ein weiterer sozialer Abstieg. Unter den sich verschlechternden wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen dürften sich die Spannungen in der Gesellschaft eher noch verschärfen. Dafür sorgen die zunehmende Konkurrenz in den unteren Einkommensgruppen, die wachsende Perspektivlosigkeit und Enttäuschung unter vielen Zuwanderern sowie die Abstiegsängste der deutschen Mittelschicht.

Die wirtschaftspolitische Bilanz der Regierungen unter Frau Merkel waren Umverteilen und finanzielle Wohltaten, um Zustimmung im Inland und relative Ruhe im Ausland zu erkaufen. Von Zukunftssicherung hingegen keine Spur.

The problem with socialism is that you eventually run out of other people's money", bemerkte Margaret Thatcher schon in den 1970er-Jahren. Das Gleiche gilt für die im Kern sozialistische Politik der Bundesregierungen unter Führung von Frau Merkel. Noch nie hat der Staat so hohe Steuereinnahmen gehabt wie bis Ende 2019, hat uns Bürgern so viel Geld abgenommen. Wohl noch nie mussten wir im Gegenzug erleben, wie Infrastruktur und Schulen verfallen, die innere Sicherheit in weiten Bereichen nicht mehr gesichert ist und die Bundeswehr eine Lachnummer ist.

Stattdessen wurden und werden die Reformen der Regierung Schröder „verfrühstückt" und eine Migrationspolitik praktiziert, die direkt in den Sozialstaat führt, statt die Grundlage für künftige Beschäftigung zu legen. Dies wurde alles verdeckt durch eine einzigartige Kombination an makroökonomischen Faktoren: den niedrigen Zinsen, dem schwachen Euro und der ungebrochenen Nachfrage nach Autos und Maschinen aus Deutschland. Ein einzigartiger Glücksfall für eine Kanzlerin, die es nur dieser Scheinblüte verdankt, immer noch im Amt zu sein.

Doch nun ist der globale Crash, ausgelöst durch den „Schwarzen Schwan" Coronavirus deutlich schneller und heftiger da, als von vielen erwartet. Die dank des billigen Geldes vollkommen überbewerteten Märkte werden gegenwärtig gnadenlos auf die Basis der Realität geprügelt. Die Folgen der Krise für die globale Wirtschaft und die Menschen sind katastrophal. Auf den Straßen können wir sie im Moment schon sehen – Corona macht erst Angst, dann arm. Wann die Talsohle erreicht, wann es einen Impfstoff geben wird, kann noch niemand sagen.

Das Worst-Case Szenario ist nun da:

  • Nachfrageschock mit fallender Konsumentennachfrage inkl. Einbruch der Reisetätigkeit und geringere Konsumneigung
  • Angebotsschock mit Unterbrechung der Lieferketten, der Produktion, Gesundheitssysteme am Limit und darüber hinaus
  • Finanzmarktschock mit Kursverfall, Bonitätsabstufungen, erhöhte Volatilität, Insolvenz-Kaskaden und Rückgang der Rohstoffpreise

Die ökonomischen Folgen gleichen denen eines Krieges. Die Nachfrage bricht weg, weil die Menschen nicht ausgehen, und die Angebotsseite leidet unter den gestörten Lieferketten. Dazu kommt, dass die Krise – wie schon 1929 – auf eine Weltwirtschaft trifft, die bereits geschwächt ist. Die hohen Schulden, der Brexit, die globalen Handelskonflikte, die Unwucht in der Euro-Zone, das globale Migrationsproblem – all das wird dazu führen, dass der Shutdown tiefe Spuren in der Gesellschaft und in der Wirtschaft hinterlässt.

Unterdessen steigt die Zahl der Toten weiter. Mehr als 5.600 sind bis zum 24.04.2020 am oder mit dem Coronavirus gestorben. Im internationalen Vergleich sind die täglichen Todeszahlen in Asien nur noch marginal, während sie in jenen Ländern, die spät oder zögerlich agierten, weiter zunehmen. Allein die USA verbuchen derzeit ein Drittel der täglichen Todesfälle. Deutschland schneidet besser ab als Italien und Amerika, aber deutlich schlechter als Südkorea oder Taiwan.

Trotz der nur mittelmäßigen medizinischen Resultate der westlichen Pandemiebekämpfung sind die ökonomischen Auswirkungen überall im Westen, auch in Deutschland, dramatisch. Deutschland steht vor der größten Pleitewelle seit der Weltwirtschaftskrise von 1929. Der historisch einmalige Shutdown der gesamten Volkswirtschaft richtet mit jedem Tag größeren Schaden an. Schon nach zwei Wochen haben wegen der Totalblockade 470.000 Unternehmen in Deutschland Kurzarbeit angezeigt. 10 Mio. Arbeitnehmer sind unmittelbar betroffen und bangen akut um ihre wirtschaftliche Existenz. Die Arbeitslosigkeit wird nun sprunghaft steigen.

Doch diese Momentaufnahme ist nur eine Kleinigkeit im Vergleich zu dem, was an irreparablen Schäden in der deutschen Wirtschaft und im sozialen Gefüge des Landes droht, wenn der Shutdown noch länger dauert. Das historische Mega-Experiment, eine Volkswirtschaft mal eben abzuschalten, kennt kein Beispiel, weil selbst in den Weltkriegen die Wirtschaft weiterlief.

Die Politik muss zwei Effekte schärfer gewichten, die die Wirtschaft ruinieren. Zum einen sorgt der Shutdown sehr bald mit Kettenreaktionen für gewaltige Schäden. Produktionsnetzwerke kollabieren, Lieferketten reißen, zehntausende von Einzelpersonen, Kleinunternehmen und Mittelständlern werden (viel schneller als man das in Berlin glaubt) insolvent - die Hilfsmaßnahmen der Regierung können das nur nachträglich mildern, nicht aber verhindern.

Jede Pleite erzeugt Folgeprobleme bei Lieferanten, Gläubigern und Kunden, die ihrerseits dadurch Probleme bekommen. Selbst wenn das einzelne Unternehmen ein, zwei Monate überleben kann, sorgt der Riss im Geschäftsverbund dafür, dass jeder Monat Stillstand sich in Wahrheit schadenseitig multipliziert. Es verhält sich wie bei der Kernschmelze eines Atomreaktors. Am Ende landet der Fallout bei den Banken, denen riesige Kreditausfälle drohen. Jeder einzelne Tag produziert also eine milliardenschwere Schuldenstrahlung. Die Kernschmelze kann binnen Wochen schwere Verwüstungen anrichten und selbst gesunde Unternehmen verglühen lassen.

Das Shutdown-Konzept der Corona-Krisenbewältigung ist nicht alternativlos. Die Strategie, mit einem radikalen Shutdown ein Virus auszubremsen, war von Anfang an riskant. Nun steigt mit jeder Stunde auch noch das Risiko, dass die enormen Rettungspakete ihrerseits Vertrauenskrisen und Finanzmarktturbulenzen auslösen.

Das Konzept der europäischen Staaten, auf radikale Massen-Quarantänen mit wochenlangen Ausgangssperren und Kontaktverboten zu setzen, verlangt einen extrem hohen Preis - nämlich den des ökonomischen und sozialen Zusammenbruchs.

Fazit: Eine kluge Pandemiebekämpfung muss danach streben, beides hinzubekommen: die Durchbrechung der Infektionsketten und die Wiederherstellung der ökonomischen Kreisläufe. Was wir im Moment allerdings erleben, zeigt ein Dilemma wie wir es nur aus dem antiken Drama kennen: Die Lockerung ist zu weitgehend, um das Virus zurückzudrängen. Sie ist nicht weitgehend genug, unseren Wohlstand zu retten.

In den nächsten zwölf Monaten wird uns die Rechnung präsentiert werden und die große Täuschung der Berliner Politik fliegt auf: Die Eurokrise wird, statt bewältigt zu werden, lautstark fortgesetzt.

Damit deutet sich ein gefährliches Szenario an: Die Eurokrise bricht zu einem Zeitpunkt wieder auf, in dem sich Deutschland mitten in einer Wirtschafts- und Finanzkrise befindet. Die EZB wird noch massiver intervenieren, um das Konstrukt vor dem Einbruch zu bewahren, damit aber weitere protektionistische Maßnahmen heraufbeschwören um über die Abschwächung des Euro einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen.

Über Nacht werden wir uns aus der Wohlstandsgesellschaft verabschieden müssen. Wir werden erkennen, dass wir unseren konjunkturellen Aufschwung selbst finanziert haben und dabei in erheblichem Maße Forderungen aufgebaut haben, die nicht werthaltig sind. Es wird schlagartig sichtbar, dass wir nicht in der Lage sind, ganz Europa zu finanzieren. Und es wird klar, dass die Politik von Frau Merkel und ihrer kapitalistischen Einheitspartei CDUCSUSPDGrüneLinke die guten Jahre nicht dafür genutzt haben, vorzusorgen, sondern unsere Lasten so zu erhöhen, dass uns der nächste Abschwung umso brutaler trifft.

Wenn die Massenentlassungen beginnen, gibt es ein doppeltes Problem in den Betrieben. Bei betriebsbedingten Kündigungen ist dann eine Sozialauswahl zu treffen, und Kriterien sind u. a. die Dauer der Betriebszugehörigkeit und die Zahl der Kinder. Anders als draußen im Merkel-Land, haben „die, welche schon länger da sind" einen höheren Schutzstatus als neu Hinzugekommene. Allerdings können Ausländer mehr Kinder in die Waagschale der Sozialauswahl werfen. Und wenn dann von außerhalb der Betriebe der Rassismus-Vorwurf erhoben wird, wenn Ausländer entlassen werden, möchte ich nicht in der Haut von Gewerkschaftern stecken, die Frau Merkel immer noch unterstützen und für unbegrenzte Zuwanderung stehen. Egal, ob dann Deutsche oder Ausländer arbeitslos werden, gibt das gefährlichen Sprengstoff im Land, nicht nur in den Betrieben. Auch das Argument „Fachkräftemangel" zieht dann nicht mehr.

Der Täuscherin im Kanzleramt mag noch der eine oder andere Trick gelingen. Doch auch bei ihr gilt der Grundsatz, den schon Abraham Lincoln prägte: „You can fool all the people some of the time, and some of the people all the time, but you cannot fool all the people all the time." Die Zeit läuft aus.


Droht eine globale Währungs- und Finanzkrise?

Noch nie seit den 1930er-Jahren hatte es in Friedenszeiten einen so starken Rückgang des Sozialprodukts und einen so starken Anstieg der Arbeitslosigkeit gegeben wie derzeit. Da ist es mehr als verwunderlich, dass die Aktienmärkte davon bisher fast gänzlich unbeeindruckt sind. Wie kann das sein?

Werden nicht die Gewinne, die ja im Konjunkturverlauf immer viel mehr schwanken als die Arbeitseinkommen, aufs Ganze gesehen zwangsläufig einbrechen, und mit ihnen die Aktienkurse? Was wir seit dem 19. Februar gesehen haben, als die meisten Märkte Höchststände erreicht hatten, lässt sich bislang aber problemlos unter der Überschrift „Korrektur überbewerteter Aktien" abhaken, wie das immer mal wieder passiert. Der S&P 500 hat seitdem nur 17% verloren, der DAX 22%, der Euro Stoxx 50 immerhin 25%. In der Schweiz, in China und in Japan beträgt der Rückgang sogar nur zwischen 8 und 15% (Stand: 20.04.2020).

Ein Grund dürfte sein, dass Aktien im Vergleich zu ihrer wichtigsten Alternative, den Anleihen der Unternehmen und der öffentlichen Hand, weiterhin attraktiv sind. Viele Anleger haben offenbar schon lange auf eine Korrektur gewartet und in den vergangenen Wochen durch Nachkäufe den durchschnittlichen Einstandskurs ihrer Bestände vermindert. Zwar wird es wegen der Probleme beim Cashflow immer mehr zu Dividendenkürzungen kommen, oder sogar zu Komplettausfällen, aber insgesamt übertrifft die Dividendenrendite die Bondrendite deutlich. Beim S&P 500 bekommen Anleger für ihre Aktien im Durchschnitt noch 2,2% Dividende, auf zehnjährige Treasuries aber nur 0,6% - in normalen Zeiten ist es genau umgekehrt. In Europa ist der Unterschied noch krasser. Die Dividendenrendite des EuroStoxx 50 liegt bei 4,2%, während sich zehnjährige Bundesanleihen mit einer Rate von -0,5% „verzinsen"; beim DAX ist es ähnlich: 3,8% zu -0,5% bei den Bonds.

Es lässt sich verschmerzen, wenn die Dividenden einmal ausfallen, solange die Geschäftsmodelle robust sind. Das gilt für die meisten Unternehmen in den führenden Aktienindizes. Sobald der Aufschwung eines Tages wiedereinsetzt, wird es höhere Dividenden geben, während die Besitzer von Bonds mit Kursverlusten rechnen müssen, ausgelöst durch die Erwartung, dass eine konjunkturelle Erholung mit steigenden Inflationsraten einher gehen wird.

DEFLATION WIEDER EIN THEMA

Wir leben in einem deflationären Umfeld, was den Bondmärkten anders als sonst aber kaum zugutekommt - weil die Renditen schon so niedrig sind, also nicht viel weiterfallen können. Der Internationale Währungsfonds hat gerade vorhergesagt, dass die durchschnittliche Inflationsrate in den reicheren Ländern in diesem Jahr bei 0,5% liegen wird, nach 1,4% im Jahr 2019. Danach soll es wieder rasch in Richtung 1,5% gehen. Ob das auch so kommen wird angesichts der niedrigen Auslastung der Kapazitäten und der explosionsartig zunehmenden Arbeitslosigkeit? Zweifel sind angebracht.

Es hat sich gerade eine gewaltige Lücke geöffnet zwischen dem, was produziert, also angeboten werden kann, und dem, was nachgefragt wird. Noch nie seit Menschengedenken haben die Produzenten so verzweifelt auf Käufer gewartet. Aber selbst, wenn sie die Preise kräftig senken, lockt das ihre Kunden kaum aus der Reserve. Der Käufer ist King.

Das zeigt sich besonders deutlich an den Märkten für Erdöl und andere fossile Brennstoffe. Seit Beginn des Jahres ist der Preis für ein Fass der Nordseesorte Brent um 67% gefallen, von knapp 70 auf 23 Dollar. Trotz der angekündigten Förderkürzungen des Kartells sowie Russlands und der USA will die Nachfrage nicht anspringen. Die Lager quellen über, was wiederum erwarten lässt, dass sich die Ölpreise noch weiter nach unten bewegen werden. Der Preis ist eben nicht alles, es kommt auch darauf an, wie sich die Einkommen entwickeln, also die Löhne und Gewinne. Und da sieht es nicht gut aus.

NEUE STRUKTUR DER NACHFRAGE

Hinzu kommt, dass sich die Struktur der Nachfrage durch die Maßnahmen gegen COVID-19 verändert. Kreuzfahrten, Fernreisen jeder Art, die Bundesliga, Konzerte, Kino, Theater, Restaurantbesuche, nichts geht mehr. Mit anderen Worten, die Preise wichtiger Komponenten im Warenkorb der Verbraucher sind im freien Fall, ohne dass es bei anderen Kategorien, etwa bei Nahrungsmitteln, Wohnungsmieten oder langlebigen Konsumgütern, zu einem kompensierenden Anstieg der Nachfrage und  der Preise  kommt. Angesichts der unsicheren Aussichten halten die Menschen ihr Geld zusammen.

Dabei tun Regierungen und Geldpolitik alles in ihrer Macht Stehende, um sie zum Geldausgeben zu animieren. Die staatlichen Budgetdefizite werden 2020 Rekordwerte erreichen, ebenso wie die Bilanzsummen der Notenbanken.

Überall laufen die Notenpressen auf Hochtouren, und Leitzinsen von plus/minus 0% sind die neue Normalität. Aber wie es so ist, man kann die Pferde zur Tränke führen, aber saufen müssen sie schon selbst. Nur ist ihnen nicht danach. Es ist daher absehbar, dass die Wirtschaftspolitik fürs Erste immer expansiver sein wird - und sein muss.

ANZEICHEN FÜR EINE FINANZ - UND WÄHRUNGSKRISE

Inzwischen gibt es erste Anzeichen für eine neue globale Finanz- und Währungskrise. Zahlreiche Entwicklungs- und Schwellenländer scheinen ins Schleudern gekommen zu sein, weil ihnen die Einnahmen aus dem Tourismus und dem Verkauf von Erdöl und anderen Rohstoffen wegbrechen. Ein Nebeneffekt ist die Flucht aus ihren eigenen Währungen in den Dollar, was die erstaunliche Härte des Greenback erklärt - müsste der Dollar angesichts der sich abzeichnenden Fehlbeträge in der amerikanischen Leistungsbilanz und im Staatshaushalt nicht eine Weichwährung sein?

Ein weiterer absehbarer Nebeneffekt der zur Verunsicherung der Anleger beiträgt und sie vom Geldausgeben abhält, betrifft die Banken. Da so vielen Unternehmen im In­ und Ausland der Konkurs droht und staatliche Schuldner in den  ärmeren Ländern nur mit Mühe ihrem Schuldendienst nachkommen, wird es bei den Banken wieder einmal hohe Abschreibungen und Verlusten geben, dazu vermutlich auch staatliche Rettungsaktionen - wieder zu Lasten der Steuerzahler - und eine neue Runde von Entlassungen. Der Sektor wird weiter schrumpfen. Der Tendenz nach wirkt das deflationär.

DIE SOZIALEN ASPEKTE DER CORONA-KRISE

Im Übrigen trifft die Corona-Krise mit besonderer Härte die einkommensschwachen Berufe im Privatsektor, also Verkäuferinnen, Kellner, Taxifahrer, Hilfsarbeiter, Menschen mit Zeitarbeitsverträgen und den vielen Geringqualifizierten. Sie haben bekanntlich eine Konsumquote von rund 100%, leben also oft von der Hand in den Mund. Als der Arbeitsmarkt noch brummte, war das kein größeres Problem, aber jetzt sind sie die Ersten, die auf der Straße stehen. Und es ist nicht mehr leicht, eine neue Stelle zu finden. Für viele von ihnen ist ein Jobverlust daher finanziell eine Katastrophe. Die konsumfreudigsten Verbraucher des Landes fallen zunehmend als Nachfrager aus und verstärken so zusätzlich die deflationären Tendenzen.

Jobverluste bedeuten häufig, dass Hypotheken auf das Haus oder die Eigentumswohnung nicht mehr bedient werden können. Auch wenn die Zinsen sehr niedrig sind, Schulden bleiben Schulden und wollen bedient werden. Mit dem absehbaren Anstieg der Arbeitslosenzahlen dürfte es daher auch zu einem Anstieg der Zwangsversteigerungen, einem Rückgang der Immobilienpreise und vielleicht sogar der Mieten kommen.

Nicht nur in Deutschland, auch in den USA, in Spanien oder Japan sind sich die Regierungen darüber im Klaren, dass die Corona-Krise nicht zuletzt soziale Härten mit sich bringt. Überall werden Programme aufgelegt, mit denen die schlimmste Armut verhindert werden soll. Das bedingungslose Grundeinkommen ist wieder ein Thema. In dem Maße, wie sich die Krise vertieft, dürften ideologische Bedenken gegen Konzepte wie etwa Helikoptergeld oder Renten ohne frühere Einzahlungen in die gemeinsame Kasse über Bord gehen. Es kostet weniger als man normalerweise denkt, den sozialen Frieden durch Transferzahlungen an die Bedürftigen aufrechtzuerhalten.

SCHULDEN DÜRFEN VERERBT WERDEN

Häufig wird argumentiert, dass die Schulden, die jetzt gemacht werden, von unseren Kindern beglichen werden müssen und deswegen vermieden werden sollten. Das greift zu kurz. Denn wenn durch entschlossene Gegenmaßnahmen verhindert wird, dass der Kapitalstock des Landes ungenutzt bleibt und am Ende nicht mehr viel wert ist, oder wenn dadurch die Menschen ihre Arbeit behalten und ihre Fähigkeiten erhalten, nutzt das auch den kommenden Generationen. Wenn das vererbte Produktionspotenzial groß und effizient ist, fällt es leicht Schulden zurückzuzahlen. Eigentlich ist das ohnehin kein ernstzunehmendes Thema, denn die Schulden des Einen sind das Vermögen des Anderen.

Fazit: Insgesamt ist dies ein Plädoyer für eine sehr expansive Wirtschaftspolitik. Sie muss natürlich zeitlich begrenzt sein. Aber eine grenzenlose Verschuldung durch Kredite, seien sie noch so sehr „zinsverbilligt", kann nicht die Lösung sein. Die Rückzahlung dieser immensen Kredite überfordert Wirtschaft und Kommunen. Der Staat muss daher alle krisenbedingten Kosten des Mittelstandes, Kleingewerbe, Selbstständigen und der Kommunen erstatten.

Hier sind ausdrücklich nicht die großen Konzerne gemeint. Die sollten die Krise aus eigener Kraft überstehen. Die krisenbedingten Ausgaben – mind. 1 Billionen € - müssten in einem Fond gebündelt werden und als „Ewigkeitsanleihe" für 100 Jahre zins- und tilgungsfrei gestellt werden. Nach der Krise sind dann alle wieder auf den Stand, als hätte es sie nicht gegeben.

Die Frage muss daher lauten: Wie kommen wir aus der Wirtschafts- und Finanzkrise wieder in den Normalzustand?
Herr Daniel Stelter hat überzeugend die „Lösung" in seinem Essay im Spiegel Nr. 18. S. 68 aufgeschrieben.

Ich bezweifle aber, dass Frau Merkel und die politische Klasse den Mut haben, diesen unkonventionellen und mutigen Weg zu gehen. Diese Leute werden wie bisher weitermachen. Die „Hahnenkämpfe" in der CDU/CSU zeigen das. Der Staatszerfall ist so unaufhaltsam!



Besser als die Bazooka

Quelle: Ein Essay von Daniel Stelter erschienen im Spiegel Nr. 18 S. 68

Die Rettungsmaßnahmen der Bundesregierung verfehlen ihr Ziel, weil die Hilfe vor allem aus Krediten besteht. Sinnvoller wären Geschenke für Unternehmen.

Der Kampf gegen das Coronavirus hat die Wirtschaft einbrechen lassen. Regierungen weltweit kämpfen nicht nur mit den medizinischen Herausforderungen, sondern auch und vor allem darum, dass aus der schweren Rezession keine Depression wie in den Dreißigerjahren wird. Staaten und Notenbanken mobilisieren Billionen, um Unternehmen zu retten, Finanzmärkte zu stabilisieren und den Absturz von Millionen Menschen in Armut zu verhindern.

Die ökonomischen Folgen des Corona-Schocks sind gravierend, und sie werden andauern. Vor allem aber werden sie eine neue Ära der Wirtschaftspolitik einläuten. Ich nenne sie „Coronomics", ein Kunstwort aus den Wörtern „Corona" und „Economics". Diese neue Wirtschaftspolitik wird das Jahrzehnt prägen und zu einem komplett anderen Umfeld führen, als wir es kennen. Deutschland muss sich darauf einstellen – und handeln.

Noch ist die Politik damit beschäftigt, die akute Krise zu bewältigen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat die „Bazooka" herausgeholt, enorme Finanzspritzen und vor allem Kredite, um Firmen vor der Pleite zu bewahren. Doch das Instrument wird seine Wirkung verfehlen. So richtig es ist, der Wirtschaft mit Liquiditätshilfen zur Seite zu springen, so falsch ist es, die Unternehmen in Schulden zu stürzen. Sie werden alles daransetzen, den Kreditbedarf so gering wie möglich zu halten, und deshalb sparen, wo sie nur können. Und das aus einem simplen Grund: Viele wissen nicht, wie sie den Kredit in Zukunft tilgen sollen. Sie haben die Wahl zwischen dem Konkurs heute – oder dem in ein paar Monaten. Wie ernst die Lage ist, zeigt sich daran, dass die Hausbanken der Unternehmen bei Tausenden Firmen keine KfW-Kredite vergeben wollten, obwohl sie nur für zehn Prozent des Darlehens gehaftet hätten. Dass der Staat nun das volle Risiko trägt, ändert nichts an der Tatsache, dass zahlreiche Unternehmen die Kredite nicht werden bedienen können. Doch es gibt eine Alternative zur Bazooka.

Besser wäre es, die Finanzämter würden allen Unternehmen den Umsatz garantieren, indem sie ihnen jeden Monat ein Zwölftel des Vorjahresumsatzes auszahlten. Spätestens bei der Steuererklärung für das Jahr 2020 müssten jene Unternehmen, die aus eigener Kraft einen Erlös auf Vorjahresniveau erzielt haben, die Finanzhilfe erstatten. Liegt der selbst erwirtschaftete Umsatz hingegen unter dem Niveau des vergangenen Jahres, darf der Zuschuss behalten werden. Allerdings sind die Gewinne auf dem Niveau des Vorjahres gedeckelt.

Was kompliziert klingt, ist in der Praxis leicht umzusetzen. Den Finanzämtern liegen alle Informationen vor. Die Vorteile sind evident: Die Unternehmen bekommen Planungssicherheit und einen Anreiz, Mitarbeiter nicht zu entlassen. Dieser Weg ist nicht nur effektiver, sondern auch transparent und fair. Ich nenne ihn künstliches Koma. Der beabsichtigte Effekt: Nach der Krise sind alle so gestellt, als hätte es Covid-19 nicht gegeben.

Halten wir jedoch am derzeitigen Weg fest, bekommen wir eine hoch verschuldete Wirtschaft, die auf Jahre hinaus damit beschäftigt sein wird, die eigenen Bilanzen wieder in Ordnung zu bringen. Schlechte Nachrichten für das Wirtschaftswachstum und den Standort Deutschland. Die Unternehmen hierzulande haben schon in den vorigen Jahren zu wenig investiert.

Auch der Staat investiert seit Langem zu wenig. Deutschland braucht laut Studien allein in den nächsten zehn Jahren rund 450 Mrd. Euro, um die Zukunftsfähigkeit des Landes zu sichern. Es ist ein Skandal, wie schlecht der Standort im internationalen Vergleich bei Digitalisierung und Mobilfunkabdeckung abschneidet. Es ist auch grundsätzlich falsch, wie von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gefordert, zur Politik der schwarzen Null zurückzukehren. In einem Land können private Haushalte, Unternehmen und Staat nur dann gleichzeitig sparen - und Schulden tilgen ist sparen - wenn Exportüberschüsse erzielt werden. Doch in der Post-Corona-Welt stehen alle Länder vor enormen Schuldenproblemen, und sie werden Deutschlands Rolle als Handelsüberschussweltmeister schon deshalb nicht mehr akzeptieren.

Höhere Steuern und Vermögensabgaben zur Reduktion der Staatsschulden, wie sie Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans (beide SPD) propagieren, sind ebenfalls falsch. Sie belasten vor allem die Familienunternehmen. Doch gerade die werden jetzt benötigt, damit sich das Land von der Krise erholen kann, und sie sind ohnehin belastet, weil sie zusätzliche Schulden abtragen müssen.

Nicht einmal in Italien, Frankreich und Spanien wird es zu Reichenabgaben kommen, obwohl die Privatvermögen dort deutlich über unserem Niveau liegen und die Staaten ihre Schuldenprobleme auf diese Weise leicht lösen könnten. Das Vorbild muss vielmehr die enge Zusammenarbeit von Notenbanken und Staaten im Zweiten Weltkrieg sein. Es gibt, vor allem angesichts der Corona-Schäden und rekordhoher Schulden schon vor der Krise, keinen anderen Ausweg. Die Bank of England hat bereits erklärt, den Staat direkt zu finanzieren, die US-Fed handelt faktisch so. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird folgen - geschickt verpackt mit Rücksicht auf die deutschen Inflationsängste. Wer in diesem Umfeld auf höhere Steuern und Abgaben setzt, schwächt nur die eigenen Bürger und ist letztlich der Dumme.

Es ist auch falsch, europäische Solidarität mit gemeinsamen Schulden gleichzusetzen.  Oder mit versteckten Geschenken im Rahmen des diskutierten Wiederaufbau­Fonds. Tilgung nach Wirtschaftskraft bedeutet nichts anderes, als dass Deutschland für 29% geradesteht, ohne aus dem Fonds etwas zu erhalten. Bei 1,5 Billionen Euro Fondsvolumen schenken wir unseren Partnern in Europa so 435 Mrd. Euro. Angesichts der bereits angesprochenen hohen Privatvermögen vor allem in Italien ist das geradezu ein Werbeprogramm für europakritische Kräfte hierzulande.

Es gibt einen besseren Weg, mit dem Schuldenproblem in Europa umzugehen. Die engere Zusammenarbeit von Staaten und Notenbanken ändert die Spielregeln. Deutschland muss dieses neue Umfeld akzeptieren: Statt Geisterfahrer zu spielen, sollten wir mitmachen. Alle Euroländer - auch Deutschland - sollten Staatsschulden bis zu einem bestimmten Wert vom Bruttoinlandsprodukt auf einen gemeinsamen Schuldenfonds übertragen. Dieser Fonds würde von der EZB über hundert Jahre zins- und tilgungsfrei gestellt. Auf einen Schlag wären die Schulden von Italien und Frankreich wieder tragbar, und die deutsche Staatsschuld wäre tief genug, um Abgaben zu senken und ins Land zu investieren. Vor allem wären Jahre hoher Abgabenbelastung und unzureichender Investitionen für uns nicht vergebens gewesen.

Erfahrungen aus vergangenen Pandemien lehren, dass die Wirtschaft sich davon nur schwer erholt. Wir brauchen ein Programm, das den Konsum kurzfristig ankurbelt. Eine Mehrwertsteuersenkung ist dafür das falsche Instrument, weil sie nur bei großen Anschaffungen eine Rolle spielt. Wer geht schon öfter ins Restaurant oder ins Kino, nur weil er ein paar Euro spart? Ebenso falsch sind Modelle, bei denen jeder Bürger einen bestimmten Betrag erhält. Die Gefahr ist groß, dass das Geld bloß gespart wird.
Besser wäre es, allen Bürgern Konsumgutscheine mit festem Verfallsdatum zu schenken. Zehn Gutscheine zu je 100 Euro, die bis spätestens Ende Oktober auszugeben sind. Oberhalb einer gewissen Einkommensgrenze würden die 1.000 Euro einfach zur Einkommensteuerschuld hinzugerechnet, damit es sozial ausgewogen bleibt.

Schon vor Corona stand Deutschland vor erheblichen Herausforderungen: Die Erwerbsbevölkerung geht in diesem Jahrzehnt spürbar zurück. Die Produktivität stagniert seit Jahren. Bis zum Jahr 2040 wird uns die Alterung 3.700 Euro des jährlichen Pro-Kopf­Einkommens kosten. Hinzu kommt der technologische Wandel, der unsere Schlüsselindustrien - Stichwort: Auto - existenziell bedroht.

Wir können uns nicht länger leisten, diese Herausforderungen zu verdrängen. Wir müssen es attraktiver machen, länger und mehr zu arbeiten. Bildung und Innovation müssen statt Wahlkampfslogans echte Prioritäten werden.

Der Corona-Schock zwingt uns zu neuem ökonomischen Denken. Neben Investitionen muss das eine bessere Anlage unseres Geldes beinhalten. Hätten wir unser Auslandsvermögen seit der Finanzkrise so gut angelegt wie die Norweger, würden wir heute pro Kopf über rund 30.000 Euro mehr verfügen. Das betrifft jeden von uns, sind es doch Banken, Versicherungen und Pensionsfonds, die unsere Ersparnisse verwalten. In der Post-Corona-Welt der engen Kooperation von Notenbanken und Staaten ist es noch dringender, dass wir unser Vermögen international klüger investieren. Ideen für einen staatlich organisierten Fonds liegen seit Jahren auf dem Tisch.

Entgegen verbreiteter Vorurteile ist ein globales Aktienportfolio nicht nur sicherer mit Blick auf eine drohende Inflation, sondern erbringt nachhaltig eine bessere Rendite.

Nach der Pandemie muss nicht alles schlechter sein als vorher. Die Corona-Krise bietet Deutschland die Chance für den dringend notwendigen Neustart.








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