Handelsverband warnt vor Ladensterben – 21. Oktober 2022

Handelsverband Deutschland warnt vor Ladensterben

Die Konsumlaune der deutschen Bevölkerung ist durch die Inflation inkl. Preiserhöhungen zurückgegangen. Der Handelsverband Deutschland schlägt nun Alarm. Nun sind Lösungen gefragt. Im Folgenden sind einige Lösungsmöglichkeiten „angerissen".

Steigende Energiekosten und Umsatzausfälle wegen der Konsumflaute bringen den stationären Einzelhandel in immer größere Not. Insbesondere in den Innenstädten könnte es in den kommenden Monaten ein Ladensterben geben, fürchtet der Handelsverband Deutschland (HDE). Die von der Bundesregierung in Aussicht gestellten Milliardenhilfen gegen hohe Energiekosten müssten deshalb auch den Einzelhändlern zugutekommen. „Ansonsten könnten wir ein Desaster in vielen Innenstädten erleben", sagt ein HDE-Sprecher gegenüber der Deutschen Presse Agentur (dpa) und warnt: „Stirbt der Handel, stirbt die Stadt." Besonders in der Krise sei es wichtig, mit Investitionen gegenzusteuern.


Verbraucher wollen weniger Ausgaben tätigen

Einer kürzlich vom HDE veröffentlichten Umfrage entnehmend schränken sich bereits 60% der Verbraucher beim Einkaufen ein und gut drei Viertel wollen in den kommenden Monaten mehr einsparen und weniger Ausgaben tätigen. Wieder dürfte es den stationären Mode- und Bekleidungshandel treffen, der seit Jahren schwächelt. Für die gesamte Branche stellt sich der HDE auf ein Umsatzminus von 5% im zweiten Halbjahr ein – und zwar im Vergleich zu dem bereits pandemiebedingt schwachen zweiten Halbjahr 2021. „In einzelnen Branchen liegt der Umsatz immer noch um bis zu 20% unter dem Vorkrisenniveau aus 2019", sagt der Sprecher. Schon durch Corona hatte sich das Ladensterben in den Städten auffälliger bemerkbar gemacht.

Doch wie lässt sich der Ladenschwund in den Innenstädten aufhalten, wenn Händler aufgeben müssen? Ideen dafür gibt es viele, ein auf alle Kommunen übertragbares Patentrezept jedoch nicht, so der HDE-Sprecher. Dafür seien die Gegebenheiten vor Ort, vom historischen Stadtkern einer touristisch geprägten Kleinstadt bis zur modernen Großstadt, zu unterschiedlich. Er ergänzt: „In der derzeitigen akuten Krise wird das alles noch ein Stück schwieriger. Die Geldtöpfe werden sicherlich erst einmal nicht voller." Wenn die Konzepte funktionieren sollten, müssten alle Akteure in den Kommunen sich gegenseitig unterstützen, von Verwaltung, Politik, über Stadtmarketing, Einzelhandel und Gastronomie bis zu kulturellen Anbietern, sowie Bürgerinnen und Bürgern.


Hanau als Lösungsmodell

In Hessen hatte beispielsweise Hanau mit dem Konzept „Hanau aufLADEN" - Pop-up-Flächen, WIR HANDELN, Stadtimpulse, Vorkaufsrechtssatzung, Urban-Gardening-Projekt - Aufmerksamkeit erzeugt. Als Kernelement umfasst es ein Vorkaufsrecht, mit dem sich die Stadt ein Erstzugriffsrecht auf Immobilien in Innenstadtlagen sichert. Davon habe man erst einige wenige Male Gebrauch gemacht, sagt der Hanauer Oberbürgermeister Claus Kaminsky.

Allein, dass die Eigentürmer wissen, es gibt die Vorkaufsrechtssatzung, gibt uns eine Chance, ins Gespräch zu kommen und vertragliche Vereinbarungen zu schließen, was dort künftig stattfindet." Alternativ zum Kauf kann die Stadt auch Immobilien anmieten und an geeignete Unternehmen untervermieten. Weitere Elemente sind ein Konjunkturprogramm zur Aufwertung von Fassaden sowie Zuschüsse für Betreiber neuer Läden.

Mit der Zeit will Hanau so einen Mix aus inhabergeführtem Handel und Filialisten, aus Gastronomie, Veranstaltungen, Märkten und neuen, kreativen Konzepten wie Pop-up-Handel und Gastronomie zusammenführen. Das noch vor der Pandemie auf den Weg gebrachte Konzept werde gut angenommen, trotz der Krise habe es auch in den vergangenen Tagen mehrere Neueröffnungen gegeben, erklärt der OB gegenüber dpa.


14 Städte bilden digitale Plattform

Die Stadt im Osten des Rhein-Main-Gebiets ist auch eine von 14 deutschen Modellstädten, die im Projekt „Stadtlabore für Deutschland" eine digitale Plattform für Ansiedlungsmanagement erarbeiten. Dazu gehören beispielsweise auch Karlsruhe, Erfurt, Nürnberg, Lübeck und Rostock.

Basis für die Plattform seien vielfältige Daten, etwa zu expansionswilligen Unternehmen, zum aktuellen Besatz und leerstehenden Flächen in den Städten, zur Passantenfrequenz und vielen weiteren Themen, sagt Eva Stüber vom Kölner Institut für Handelsforschung. Immobilie sucht Traumnutzung – die Plattform solle wie eine Art „Tinder" für die Innenstädte funktionieren und deren aktive Gestaltung mit ganzheitlichen Ansätzen realisieren.

Auch Stüber hält eine stärkere Durchmischung aus Wohnen, Arbeiten, Handel, Kunst und Kultur, Gastronomie und Begegnung, für das erfolgreichste Rezept gegen die Krise. Lockdowns mit monatelangen Schließungen haben verdeutlicht, dass die Innenstädte auch nicht-kommerzielle Aufenthaltsbereiche haben müssten. Mehr Kreativität sei notwendig, um lebendige Begegnungsorte zu erhalten, wie im nordrhein-westfälischen Haan, wo sich ein Ferienspielgelände in den Sommerwochen zu einem Beach Club mit Strandkörben, Künstlerdarbietungen und Partys verwandelt. Auch an anderen Standorten sind neue Konzepte in Arbeit, etwa in Bremen, wo ein Wettbewerb für Pop-up-Stores ins Leben gerufen wurde, oder in Nürnberg, wo Projektteams daran arbeiten, die Innenstadt lebendiger zu machen.

250 Millionen Euro für Modellprojekte

Für den Deutschen Städtetag sind solche Initiativen und Ideen die richtige Lösung: „Wo Handel geht, wird nicht überall neuer Handel kommen", sagt Verena Göppert, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Verbandes. „Deshalb wollen wir in unseren Stadtzentren neue und bekannte Nutzungen mischen." Handwerk, Kunst, Bildung und auch Wohnen sollten zurück in die Innenstädte kommen.

Das neue Miteinander und den Mix an Funktionen wollen die Städte gestalten, gemeinsam mit Vermietern, Unternehmen, der Kultur und allen anderen Akteuren vor Ort." 250 Millionen Euro habe der Bund einmalig für Modellprojekte bereitgestellt. „Das war ein guter Anfang. Daraus muss ein verlässliches Förderprogramm über einen längeren Zeitraum werden. Denn Innenstädte bleiben das Herz des städtischen Lebens", sagt Göppert.

Für die Stadt Neumünster ergeben sich aus den o.g. Anregungen viele Impulse für die Innenstadt. Mit diesen oder ähnlichen Impulsen sind die Chancen auf einen nachhaltigen Umbau und auf eine starke Zukunft der Stadt sehr groß. Tradierte Strukturen brechen auf, neue Perspektiven entstehen: Bei der Umsetzung geeigneter Maßnahmen kommt es auf das Zusammenspiel aller Innenstadtakteure, wie Politik und Verwaltung, Gewerbetreibenden, Immobilienbesitzer, Projektentwickler und Bevölkerung an. Eine „Vorkaufsrechtssatzung Innenstadt" über die Begründung eines besonderen Vorkaufsrechts für die Innenstadt ist Voraussetzung.


Die Wählergemeinschaft Bündnis für Bürger (BfB) in Neumünster hatte schon im Oktober 2020 einen Antrag auf Gründung einer Bürgergenossenschaft für die Innenstadt in der Ratsversammlung gestellt. Aufgabe dieser Bürgergenossenschaft sollte es sein, leerstehende Läden, Immobilien oder Grundstücke im Innenstadtbereich zu mieten, zu pachten oder aufzukaufen, mit dem Ziel, den Innenstadtbereich Neumünsters zu erhalten und zu revitalisieren. Der Vorteil wäre gewesen, Steuergelder wären nicht nötig gewesen, da die Genossenschaft die Finanzierung übernommen hätte. Leider haben die anderen politischen Parteien diesen Antrag in ihrer „unermesslichen Weisheit" abgelehnt.  

Um dennoch den Innenstadtbereich Neumünsters zu erhalten und zu revitalisieren, kann mit Hilfe einer „Vorkaufsrechtssatzung  Innenstadt"  und den o.g. Anregungen dieses Ziel ebenfalls erreicht werden. Leider müssten hierfür Steuergelder der Stadt Neumünster verwendet werden.

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