Deutschlands radikale Energie-Politik - 10. November 2021

Die radikale Energie-Politik bringt Millionen Not und Elend –

Corona, Klimawandel, Völkerwanderung, kultureller Identitätsverlust: Krisen durchziehen unsere Gesellschaft. Stehen wir vor einem Umbruch, wie man ihn seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gesehen hat?

Wir erleben derzeit einen Überbietungswettbewerb für eine immer radikalere Energie-, Klimaschutz- und Verzichts-Politik, die sich in bedrohlicher Weise mehr und mehr von ihrer einstigen „Geschäftsgrundlage" entfernt, also ihrem Ziel, Arbeitsplätze, Wohlstand, Frieden, Freiheit und Demokratie zu bewahren.

Die erst zu Jahresbeginn eingeführte Sondersteuer auf Kohlenstoffdioxid fliegt der Bundesregierung schon jetzt um die Ohren. Erste Parteien, Politiker und Verbände fordern einen Stopp der für Anfang 2022 geplanten Erhöhungen.

Im Oktober sind nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes die Kosten für Energie innerhalb eines Jahres kräftig um 18,6% gestiegen. Der Preisauftrieb beschleunigte sich damit. Im September betrug der Anstieg noch 14,3% und im August 12,6%. Steigende Energiepreise heizen die Inflation seit geraumer Zeit an. Zudem schlägt die Rücknahme der temporären Mehrwertsteuersenkung durch. Seit Januar 2021 gelten wieder reguläre Mehrwertsteuersätze, Waren und Dienstleistungen werden also tendenziell wieder teurer.

Hinzu kommen Materialmangel und Lieferengpässe sowie die seit Jahresbeginn gültige CO2-Sondersteuer. Im Rahmen dieser Steuer erhebt die Bundesregierung 25 Euro je ausgestoßener Tonne Kohlendioxid, das beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht. Schon kurz nach Einführung der Steuer entbrannte ein Streit darüber, wer die beträchtlichen Mehrkosten im Wohnbereich schultern muss, den die Steuer auslöst.

Zur mahnenden Erinnerung: Der Titel des Grundlagenwerks der Energiewende aus dem Jahr 1980 lautete: „Energiewende – Wachstum und Wohlstand ohne Erdöl und Uran" (Öko-Institut). Bei allen Auseinandersetzungen um die Energiepolitik war man sich in Deutschland in einem Punkt stets einig: Die Lichter dürfen nicht ausgehen.

Unsere Gesellschaft war sich in dieser „vor-dekadenten Zeit" noch einigermaßen bewusst, wie große Teile der Eltern beziehungsweise Großeltern-Generation gewirtschaftet hatten und auf welchen Trümmern der hart erkämpfte, relative „Wohlstand für alle" in diesem Land und in Europa entstanden war.

In Teilen der Politik ist nun aber von einer „angebotsorientierten" Energieversorgung (die Vorsitzende des Umweltausschusses des Bundestags, Sylvia Kotting-Uhl), also von ständigen Strom-Unterbrechungen je nach Wetterlage, die Rede, und Olaf Scholz spricht von einer „staatlich festgelegten Strommenge", die zukünftig noch verbraucht werden dürfe. Es geht also um Stromrationierungen, um regelmäßige Stromabschaltungen, um eine „Strommangelwirtschaft".

Was ist das eigentliche Ziel einer solchen Politik? Ein auf Vernunft basierender Klimaschutz kann es kaum sein, wenn man offenkundig kein Problem damit hat, dass die Industrieproduktion und der damit verbundene Wohlstand unter anderem nach Asien abwandern und dort die CO2-Emissionen mehr und mehr in die Höhe treiben. Das heißt, es ist ein ideologisch, fundamentalistisch motivierter Klimaschutz.

Bei rationaler Betrachtung muss man wohl davon ausgehen, dass wir einer Verarmung von Deutschland und Teilen Europas entgegengehen. Auch eine Entdemokratisierung ist zu befürchten. Das aber hat mit den ursprünglichen Zielen der Energiewende nichts mehr zu tun.

In der Klimapolitik geben Heuchler und Phantasten den Ton an

Es ist keine Übertreibung zu behaupten, dass die Klimapolitik das Thema mit der größten Sprengkraft der Gegenwart ist. Hier vermischen sich Geopolitik, wirtschaftliche Interessen, nationale Egoismen und obendrein die Gesetze der Natur, die sich menschlichem Einfluss entziehen. Dieses Knäuel ließe sich vielleicht entwirren, wenn die traditionellen Instrumente der Politik nicht an eine Grenze stießen.

Wir reden von der Weltgemeinschaft und meinen damit die internationalen Organisationen und Konferenzen, die jedes Problem so lange erörtern, bis es in unzähligen Papieren fein säuberlich portioniert ist. Tatsächlich aber gab es in der Vergangenheit auf die wenigsten Fragen wirklich globale Antworten. Selbst die Corona-Pandemie wird national bekämpft.

Die größte Herausforderung lautet nicht, den Temperaturanstieg um ein halbes Grad mehr oder weniger zu reduzieren, sondern einen Konsens aller relevanten Akteure zu erreichen. Denn der Klimawandel kann nur begrenzt werden, wenn die Menschheit an einem Strang zieht. Bis jetzt ist von Eintracht wenig zu spüren.

Zur Uno-Klimakonferenz COP26 reisten weder der chinesische noch der russische Staatschef an. Xi Jinping repräsentiert den größten Verursacher von Treibhausgasen, Wladimir Putin einen der größten Produzenten fossiler Brennstoffe.

Präsident Joe Biden kam mit leeren Händen nach Glasgow. Sein Plan, Gas- und Kohlekraftwerke rasch durch erneuerbare Energien zu ersetzen, ist im Kongress gestoppt worden. Die USA sind der zweitgrößte Emittent von CO2. Die Nummer drei, nämlich Indien, hat in den letzten Jahren den Anteil der klimaschädlichen Kohle an der Energieerzeugung ausgebaut.

Das Kernproblem ist das riesige Gewicht Chinas (31%) und Indiens (7,5% und steigend) sowie der meisten anderen asiatischen Länder (kombiniert 20%, Japan und Süd-Korea eingeschlossen). Bleiben deren Emissionen unverändert, so ist ein deutlicher Rückgang der globalen Emissionen unmöglich. Steigen sie aber noch weiter, wie dies China, Indien explizit und den meisten anderen Ländern Asiens, außer Japan, Südkorea und Taiwan, de facto zugestanden ist, so nehmen die globalen Emissionen einfach weiter zu.

Die zentrale Strategie des Pariser Abkommens ist auf Sand gebaut und ignoriert die quantitativen Dimensionen. Sie gesteht den seit langen größten Emittenten weitgehende Freiheit für die Zukunft zu und legt den alten Industrieländern viel zu hohe Anforderungen auf kurze Frist auf, die sie nicht oder nur unter drakonischen wirtschaftlichen Rosskuren erfüllen können, noch dazu ohne jegliche Erfolgsaussichten für das Weltklima.

Um die globalen Treibhausgas-Emissionen zu begrenzen respektive scharf abzusenken, muss auf vielen Ebenen vorgegangen werden. Aber die zentrale Aufgabe besteht darin, auch die CO2-Emissionen Chinas und der anderen asiatischen Länder drastisch hinunterzufahren, und diesen Ländern nicht ein weiteres Jahrzehnt jegliche Handlungs-Freiheit nach oben zu belassen.

Über das elementar Rechnerische hinaus kommt eine zweite Frage hinzu: Von den traditionellen Industrieländern viel größere Anstrengungen in Sachen Klimapolitik zu erwarten und gleichzeitig neueren Wirtschaftsmächten sowie Schwellenländern weitere CO2-Zuwächse zuzugestehen, schafft darüber hinaus eine Arbitrage-Möglichkeit für global tätige Unternehmen. Sie bauen CO2-intensive Aktivitäten dort ab, wo die Regierungsvorschriften dies vorsehen, und verlagern ihre Aktivität dorthin, wo Energie billig ist und keine CO2-Begrenzungen vorhanden sind. Mit dem Effekt, dass die globalen CO2-Emissionen munter weiter steigen.

Das Risiko dieser Strategie - Emissionssenkung prioritär für alte Industrieländer, freie Fahrt für China, Indien und die anderen asiatischen Länder - besteht darin, dass genau das Gleiche passiert wie in den letzten 40 Jahren, und dies noch beschleunigt: Dass nämlich die verbliebenen wichtigen Industrien aus den alten Industrieländern nach Asien ausgelagert werden, und dass zusätzlich die Energieerzeugung aus Westeuropa verschwindet, mit dem Effekt, dass die globalen Emissionen erst recht explodieren. Genau das bahnt sich an, und zwar am stärksten in Deutschland auf der einen und in China auf der anderen Seite.

Bisher war die Verlagerung der Produktionsstätten von Europa und den Vereinigten Staaten nach China und Asien nicht primär klimapolitisch motiviert (hatte aber klimapolitische Konsequenzen). Die Gründe waren im Zeitalter der neoliberalen Globalisierung die Suche nach den billigsten Standorten mit geringer Steuerbelastung, niedrigen Löhnen, langen Arbeitszeiten, billiger Energie und laxer Umweltvorschriften, also alles Motive, um die Gewinne der börsennotierten Unternehmen zu steigern. In der Zukunft dürfte die Klimapolitik ein sehr wichtiger Wettbewerbsfaktor werden, und da schneidet ein Land eben ganz besonders schlecht ab: Das Reich der Mitte. Wird das dazu führen, dass weniger westliche Unternehmen in China produzieren werden?

Die wirklich großen Klima-Sünder dürfen weiter fröhlich Schadstoffe produzieren, während Deutschland seine Wirtschaft opfern soll, um das Weltklima zu retten. Über die Hälfte des globalen Schadstoffausstoßes findet in Asien statt, über ein Viertel allein in China. Laut Klimaabkommen ist das völlig in Ordnung - einschränken sollen sich andere.

Europa gefällt sich in seiner moralischen Überlegenheit

Viele Klimaforscher verlangen, dass Europa auch dann besonders ehrgeizige Ziele verfolge, wenn der Rest der Welt nicht mitmache. So viel Blauäugigkeit mag bei den Zeugen Jehovas oder einem Klima-Urteil des deutschen Verfassungsgerichts angehen, nicht aber in einer Überlebensfrage der Menschheit. Denn in der Politik kommt es darauf an, das Gute nicht nur gewollt, sondern auch erreicht zu haben.

Wie bringt man also die internationale Gemeinschaft dazu, sich ausnahmsweise als Gemeinschaft zu verhalten? Das gelingt nicht mit abstrakten Klimazielen, sondern durch Kooperation und Konzessionen.

Die Europäer bevorzugen jedoch Symbolpolitik, die den eigenen Kontinent zum Maß aller Dinge macht. Sie blenden dabei aus, dass niemand gezwungen werden kann, ihrem Weg zu folgen: nicht mit Verboten, nicht mit Sanktionen und schon gar nicht mit Verbalradikalismus. Am Ende zählt nicht das wohlige Gefühl moralischer Überlegenheit, sondern das konkrete Ergebnis – und das weltweit.

Ein gutes Beispiel für die Widersprüche ist China. Seine CO2-Emissionen werden bis 2030 weiter steigen; dreißig Jahre später will das Land angeblich die Klimaneutralität erreichen. Deutschland ist es jedoch mit der Klimapolitik ernst. China und Indien dagegen setzen auf Verzögerung. Doch nicht die Sorge um die eigene Wirtschaft ist der Grund, sondern eiskaltes Wettbewerbskalkül. Europa soll mit teurer Energie vom Weltmarkt verdrängt werden. China trickst die EU klimapolitisch brutal aus.

Die Strompreise sind in Deutschland inzwischen viermal so teuer wie in China. 39 Dollar-Cent müssen Deutsche pro Kilowattstunde zahlen, Chinesen nur 8 Cent. Während Deutschland sich von der günstigen Kohle verabschiedet, steigt China massiv ein. Nach Angaben des Global Energy Monitors brachte China 2020 neue Kohlekraftwerke mit einer Leistung von 38,4 Gigawatt ans Netz – das ist dreimal so viel wie der gesamte Rest der Welt zusammen. Derzeit sind mehr als 200 neue Kohlekraftwerke im Bau. Die Expertengruppe Carbon Tracker beziffert Pekings Planungsvorhaben auf 368 neue Kraftwerke. Greenpeace berichtet, dass allein im laufenden Jahr weitere 24 neue Steinkohlekraftwerke genehmigt worden seien. Mit anderen Worten: Die globalen Anstrengungen zum Rückbau der Kohle wurden durch Pekings Verhalten mehr als zunichtegemacht. Ein früherer Kohleausstieg in China bringt daher mehr als sämtlicher Aktionismus in Europa.

Die Aufgabe ist gigantisch. Gleichzeitig nimmt der Konflikt zwischen Washington und Peking an Schärfe zu. Biden schürte die Spannungen, indem er erstmals erklärte, Amerika werde Taiwan bei einem chinesischen Angriff verteidigen. Wie soll der Westen beim Klimaschutz eine gemeinsame Linie mit China finden, wenn überall sonst die Zeichen auf Konfrontation stehen?

Natürlich hat Peking ein eigenes Interesse am Umweltschutz. Der Smog in den Großstädten ist mitunter kaum auszuhalten. Aber die Chinesen sind ausgebuffte Diplomaten und werden das sich bietende Drohpotenzial kaum ignorieren.

Der chinesische Außenminister warnte davor, China als Gegner zu behandeln. Er sagte: „Die USA hoffen, dass der Klimaschutz die Oase in den chinesisch-amerikanischen Beziehungen ist. Wenn die Oase aber von Wüste umgeben ist, wird sie irgendwann selbst zur Wüste." Klimapolitik kann nicht von Geopolitik getrennt werden.


Was ist wichtiger – Menschenrechte oder Klimaschutz?

Damit steht unausgesprochen die Frage im Raum, was Amerikanern und Europäern wichtiger ist: die Verminderung der Treibhausgase oder die Menschenrechte, der Klimaschutz oder Taiwan. Die Chinesen wissen um ihre Druckmittel. Der Westen muss sich deshalb eine Strategie zurechtlegen, die gewiss nicht in Appeasement ausarten darf, aber wenigstens die Zielkonflikte klar benennt.

Die Quadratur des Kreises fiele leichter, wenn Amerikaner und Europäer wüssten, was sie eigentlich wollen. In den USA bleibt ungewiss, ob der Niedergang der Administration Biden den rudimentären Klimaschutz vollends blockiert oder ob ein allfälliger republikanischer Präsident das Steuer wieder herumreißt.

Die EU erlebt gerade, wie die Energiepolitik zum Spaltpilz heranwächst. Die Osteuropäer fürchten wohl nicht zu Unrecht, dass Ursula von der Leyens überambitioniertes Programm „Fit for 55" mit Lasten verbunden ist, welche sie ungleich schwerer zu schultern vermögen als die wohlhabenden Westeuropäer.

Ein Sozialfonds soll zwar für Ausgleich sorgen. Aber Polen, Ungarn, Slowenen und alle anderen, die gegen die fürsorgliche Bevormundung der EU aufmucken, können sich ausrechnen, was sie am Ende bekommen. Schon heute ist Geld die liebste Waffe Brüssels.


Der Klima-Weltmeister und seine Braunkohle

Aber selbst diejenigen, die sich als Kerneuropa begreifen, sind uneins. So wollen Frankreich und Italien bis 2022 und 2025 auf Kohle verzichten. Deutschland sieht sich gerne als Weltmeister bei allem, was das Wahre, Schöne und Gute betrifft, so auch beim Klimaschutz. Zugleich ist das Land der weltweit größte Produzent von Braunkohle und will erst 2038 aus der Kohle aussteigen. Und dies aus nachvollziehbaren Gründen. In einigen strukturschwachen Gebieten Ostdeutschlands gehören Förderung und Verstromung von Braunkohle zu den wenigen intakten Industrien. Das zerstört man nicht leichtfertig.

Der Sachzwang regiert allenthalben, in Deutschland genauso wie in Frankreich. Die Gelbwesten und ihr Protest gegen die Verteuerung von Benzin brachten das Land an den Rand der Staatskrise. Angesichts der derzeit in schwindelerregende Höhen kletternden Energiepreise versucht der Wahlkämpfer Emmanuel Macron daher, den Volkszorn mit sinnlosen Einmalzahlungen zu besänftigen. Zugleich dringt er in Brüssel auf eine Dämpfung des Preisanstiegs, obwohl die EU doch gerade fossile Energie verteuern will.

Wo man hinschaut, gibt es Zielkonflikte, im Umgang mit China genauso wie in der EU. Eine rationale Politik erkennt das an, statt sich in immer strengere Vorgaben hineinzusteigern, bei denen völlig ungewiss ist, ob sie jemals erreicht werden. Danach gilt es, konkrete Wegmarken zu definieren. Washington würde seine Chinapolitik überdenken. Berlin zöge den Kohleausstieg vor. Brüssel würde die Disziplinierung des widerspenstigen Ostens der Jahrhundertaufgabe Klimaschutz unterordnen.

In Washington, Berlin und Brüssel werden dann viele aufschreien und behaupten, das sei unmöglich. Aber unmöglich ist fast alles – bis man es getan hat. In der ersten, der romantischen Phase der Klimapolitik ging es darum, das Thema durch dramatische Appelle und überschäumende Emotionen auf die Tagesordnung zu setzen. Hier leistete die Klimajugend einen Beitrag, aber sie hat ihre Schuldigkeit getan. In der zweiten, der realistischen Phase müssen umsetzbare Ziele angepeilt werden.

Die Zeit der großen Gesten und der Maximalforderungen ist vorbei. Jetzt beginnen die Mühen der Ebene, und das heißt: lieber bescheidenere Vorhaben, die dafür global angepackt werden.

Wachstum und Wohlstand

Die Energiewende wurde konzeptionell entworfen und seit 1980 propagiert als ein Umbau des Energiesystems ohne Wohlstandsverluste - und im Übrigen auch als ein Projekt von Freiheit und Demokratie. Man versprach „erhebliche Wohlstandssteigerungen", „mehr Wohlstand mit weniger Energie".

Vorgeschlagen wurde damals ein vergleichsweise solider Energiemix aus Kohle, Biomasse, Sonne sowie Wind und Wasser. Auf dieser Basis postulierte man, auf den Einsatz von Atomenergie „schon kurzfristig verzichten" zu können.

Grundlage der Energiewende war es, den Wohlstand nicht zu gefährden. Das energiepolitische Zieldreieck „Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und Versorgungssicherheit" wurde in keiner Weise in Frage gestellt.

Gesicherte Leistung

Im Gegenteil: Regelmäßig wurde in den 1990er Jahren – auf der Basis des damaligen Kraftwerksparks – mit Studien der Nachweis geführt, dass auch bei einem Atomausstieg „die Lichter nicht ausgehen" würden. So wurde beispielsweise 1991 festgestellt: „Die technische Machbarkeit dieses Sofortausstiegs ist bei den heute gegebenen Kraftwerksparken in West- und Ostdeutschland sowie dem derzeitigen Bedarf an Strom und gesicherter Leistung möglich (ÖKO 1990)."

Den Bedarf an gesicherter Leistung hatte man damals noch wie selbstverständlich im Blick. Man stützte sich auf die großen Kapazitäten des konventionellen deutschen Kraftwerksparks, insbesondere auf die Kohlekraftwerke, die den Strom stets zuverlässig liefern würden, wenn Wind und Sonne versagen.

So war bis vor Jahren stets sichergestellt, dass die Versorgungssicherheit nicht gefährdet wurde. Nun aber sind die Kraftwerkskapazitäten aufgrund des gleichzeitigen Ausstiegs aus Atom und Kohle so weit abgebaut, dass die jetzt unmittelbar bevorstehenden Kraftwerks-Stilllegungen zu einer massiven Gefährdung der Versorgungssicherheit führen dürften.

Soziale Ungleichheit ungeahnten Ausmaßes bringt Not und Elend

Aus der Energiewende droht auf unauffällige Weise eine unseriöse Mogelpackung zu werden: Nur weil der Ruf nach Förderung erneuerbarer Energien stets gleichbleibend ist, fällt es kaum auf, dass die Energiewende-Politik ihre Geschäftsgrundlage fundamental verändert hat:

An die Stelle von erschwinglicher und zuverlässiger Energie für alle tritt der Versuch, klammheimlich eine Agenda der sozialen Ungleichheit und der Wohlstandszerstörung für die breite Bevölkerung durchzusetzen:

Nur „Besserverdienende" sollen sich künftig noch Strom, Mobilität und Wärme uneingeschränkt leisten können.

In der „grünen Theorie" sollen Auflagen und stetig steigende CO2-Preise eine „Lenkungswirkung" hin zu energiesparenden Technologien induzieren, die zu sinkenden Betriebskosten und unterm Strich zu allenfalls unwesentlich höheren Gesamtkosten führen.

Dieser Ansatz mag vor Jahrzehnten vielleicht noch eine gewisse Berechtigung gehabt haben. Inzwischen sieht die Wirklichkeit ganz anders aus: Die mit verhältnismäßigem Aufwand erschließbaren Energiespar-Potenziale sind – entgegen aller Propaganda – heute zum großen Teil längst ausgeschöpft! Trotz einer ambitionierten Energiespar- und -effizienzpolitik der vergangenen Jahrzehnte ist mit einem wachsenden Stromverbrauch zu rechnen. Das hat inzwischen auch das Bundeswirtschaftsministerium eingeräumt.

Auch im Gebäudesektor lässt sich der Energieverbrauch kaum noch reduzieren: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung stellte in seinem „Wärmemonitor 2019" fest, dass es in der vergangenen Dekade selbst mit Ausgaben von einer halben Billion Euro (!) für Wärmedämmmaßnahmen nicht gelang, den Heizwärmebedarf „klima- und witterungsbereinigt" weiter abzusenken.

Trotz dieses katastrophalen Studienergebnisses soll die Bevölkerung weitere Riesensummen für Wärmedämmmaßnahmen sowie aufgrund der „CO2-Bepreisung" immer mehr für Heizöl und Erdgas ausgeben.

Anstelle des Heizkessels soll es künftig dann auch noch die Elektrowärmepumpe sein, für die der Strom ebenfalls immer teurer wird, sofern er überhaupt fließt. Zu erwarten ist, dass bei wenig Sonne und Wind der Strompreis astronomische Höhen annehmen könnte.

Das Ergebnis der „Lenkungswirkung" solcher Maßnahmen wäre absehbar: Ein wachsender Teil der Bevölkerung würde sich Strom, Mobilität und Wärme kaum noch leisten können. Im Zweifelsfall muss der Thermostat am Heizkörper im Winter auf null gedreht werden.

Noch zu wenige fragen danach, ob sich junge Familien, Erwerbstätige mit mittlerem Einkommen, Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, Alleinerziehende, Unterhaltspflichtige und weniger wohlhabende Rentner all die teuren Ausgaben für neue, unzureichende Heizungsanlagen, Wärmedämm-Maßnahmen, Elektroautos etc. leisten können – und wollen.

Was passiert mit den Immobilien derjenigen, die sich all das nicht leisten können? Müssen sie die verordneten „Klimaschutz-Maßnahmen" künftig mittels aufgenommenem Zwangskredit durchführen? Und was ist, wenn sie aus kleinen Einkünften oder kleinen Renten die erzwungenen Kreditraten nicht zurückzahlen können? Führt „Klimaschutz" dann direkt in eine brutale Enteignung kleiner Vermögen?

Und wieder müssen die „kleinen Leute" zahlen: Ohne Lösung der sozialen Frage gibt es keine Klimalösung. Die gewollte Preiserhöhung bei fossilen Energieträgern trifft Schlechtverdiener überproportional. Es droht eine Internationale der Gelbwesten. Frankreichs Präsident weiß das nur zu gut. 2018 führte eine Ökosteuer auf Benzin zu Protesten. Nun verschenkt Macron verzweifelt 100-Euro-Scheine im Land.

Noch zu wenige fragen auch danach, wie all die großzügigen „Gerechtigkeits- und Sozialstaatsversprechen" unserer Zeit finanziert werden sollen, wenn eine immer marodere Energieversorgung die Industrie aus diesem Land vertreibt. Dieser Prozess ist längst im Gange, auch wenn erst zaghaft darüber berichtet wird.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz warnt mit zunehmender Intensität vor Stromausfällen. In weiten Teilen Europas zeichnet sich eine Energiekrise ab. Die Energiekosten explodieren, erste Energieversorger werden insolvent.

Mehr und mehr Menschen in Deutschland und in Europa bangen, in welchem Maß sie sich im bevorstehenden Winter noch Strom, Wärme und Mobilität leisten können.

Wir müssen begreifen, dass bei dieser Energiewende längst „alle roten Linien" überschritten wurden.

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