BfB - Resolution Schutzschirm für die Kommunen in Schleswig-Holstein vom 06. Mai 2020


Antrag der BfB-Fraktion Neumünster Resolution Schutzschirm für die Kommunen in Schleswig-Holstein" 

Um die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise durch die Corona-Pandemie abzufedern, fordert die Stadt Neumünster einen finanziellen Schutzschirm für die Kommunen durch das Land Schleswig-Holstein, um deren Handlungsfähigkeit zu sichern.

1.  Eine zusätzliche, über den genehmigten Haushalt 2020 hinaus, erforderliche Kreditfinanzierung des kommunalen Haushaltes muss das Land in diesen Krisenzeiten ermöglichen.

2.  Alle krisenbedingten Einnahmeausfälle – Einkommenssteuer, Gewerbesteuer, Schlüsselzuweisungen - der Stadt und den städtischen Tochtergesellschaften müssen vom Land ausgeglichen werden, um den Haushalt zu stabilisieren. Dieser Ausgleich sollte sich an den Planzahlen für 2020 orientieren.

3.  Das Land muss die Kommunen bei krisenbedingten Mehrausgaben massiv unterstützen. Die Schuldenbremsen der Länder erlauben ihnen, wie auch dem Bund, im Falle von Naturkatastrophen die Aufnahme von Krediten.

Um die künftige Handlungsfähigkeit der Kommunen nicht in Frage zu stellen, müssen die krisenbedingten Zuschüsse des Landes als nicht rückzahlbare Leistungen gelten. Eine grenzenlose Verschuldung durch Kredite, seien sie noch so sehr „zinsverbilligt", kann nicht die Lösung sein. Die Rückzahlung dieser immensen Kredite würde Wirtschaft und Kommunen überfordern.

Einer der wichtigsten Grundsätze im Umgang mit Krisen ist: Der Staat muss handlungsfähig sein. Die Länder haben die finanziellen Spielräume, die Kommunen handlungsfähig zu halten. Sie müssen diese schnell nutzen.

Begründung:

Es muss verhindert werden, dass die Stadt Neumünster den sachlich zwecklosen, bürokratisch aufwendigen und schädlichen Weg harter Sparprogramme beschreitet. Daher muss das Land für seine Kommunen einstehen.

Es bestehen vorrangig zwei Probleme, die adressiert werden müssen: Haushaltsrecht und Liquidität. Beides ist durch das Land S-H lösbar.

Das Land verantwortet das Haushaltsrecht und damit auch die Vorschriften der Haushaltswirtschaft. Der Grundsatz des Haushaltsausgleichs und dessen Folgen (insbesondere Haushaltssperren) sind gesetzlich verankert. Das zuständige Innenministerium kann bestimmte Normen über Erlasse an die Aufsichtsbehörden praktisch temporär aussetzen.

Das Leben in den Kommunen ist infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise / Corona-Krise immer mehr zum Stillstand gekommen. Das Virus zieht seine Infektionsspur ungebremst um den Globus. Die Wirtschaft steuert unweigerlich auf eine Rezession von historischem Ausmaß zu. Die meisten öffentlichen Einrichtungen, auch die der Tochterunternehmen, sind noch geschlossen. Einnahmen werden nicht erzielt, aber die Kosten laufen weiter. Insbesondere die Gehälter müssen gezahlt werden. Hart trifft es insbesondere die vielen kleineren und mittleren Betriebe, Restaurants, Einzelhandelsgeschäfte, die Selbstständigen und die Tourismusbranche, die vor Ort im erheblichen Umfang zum Gewerbesteueraufkommen beitragen.

Entscheidend für die Kommunen sind die Entwicklungen bei der Einkommenssteuer und bei der Gewerbesteuer, die zusammen den größten Teil der Gemeindesteuern ausmachen und für Neumünster mehr als 42% betragen. Bereits jetzt sind erhebliche Verwerfungen am Arbeitsmarkt zu beobachten, so z.B. bei der Kurzarbeit. Dies drückt sich in der Einkommenssteuer aus.

Das größte Risiko jedoch liegt in einem absehbar dramatischen Rückgang der Gewerbesteuer. Bei der Stadt Neumünster deckt diese Steuer rund 25% der Einnahmen. Was die Situation zusätzlich verschärft und ein sofortiges Handeln der Landesregierung S-H erfordert, ist die kurze Vorlaufzeit. Im laufenden Jahr zahlen die Unternehmen quartalsweise Abschläge als Vorauszahlung kalkuliert auf Grundlage der Vorjahreswerte (Februar, Mai, Augst, November).

Bei belegbaren wirtschaftlichen Problemen können die Unternehmen beim zuständigen Finanzamt einen Antrag auf Kürzung der Vorauszahlungen stellen. Von dieser Option wird angesichts der beginnenden Rezession in diesem Jahr ein Großteil der Unternehmen Gebrauch machen. Unternehmen direkt zu entlasten ist konjunkturpolitisch sinnvoll, führt jedoch für die Kommunen zu unmittelbaren Einnahmeverlusten. Diese werden die Haushalte bereits mit der Zahlung per 15. Mai erreichen.

Dazu drohen bereits im laufenden Jahr Kürzungen der Schlüsselzuweisungen, da das Land ebenso auf den Einnahmerückgang reagiert. Für Neumünster sind es für 2020 lt. Haushalt fast 80 Mio. €.

Kurzum: Das für „Normalzeiten" konstruierte und sinnvolle Haushaltsrecht wird in dieser Rezession die Kommunen in chaotische Zustände stürzen. Die finanzielle Handlungsfähigkeit ist nicht mehr gegeben, und damit auch die Rolle der Kommunen als Stabilitätsanker und Akteur der Krisenbewältigung.

In der großen Finanzkrise hat man zu Recht gesagt, die Banken sind systemrelevant und müssen gerettet werden. In der jetzigen Situation sind gerade Kommunen als zentrale Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger mit den damit verbundenen Aufgaben zur Organisation und Beherrschung der Situation systemrelevant. Die Stadt Neumünster wird die Herausforderungen meistern, aber sie erwartet die umfassende und unbegrenzte Unterstützung von Land und Bund.

Die krisenbedingten Ausgaben des Landes für die Kommunen müssten in einem Fond gebündelt werden und als „Ewigkeitsanleihe" für 100 Jahre zins- und tilgungsfrei gestellt werden. Auf einen Schlag wären die Schulden wieder tragbar.

Die Landes- oder Bundesregierung begibt eine „Ewigkeitsanleihe", die direkt von der Zentralbank abgekauft wird. Der Ewigkeitscharakter der Anleihe führt zwar zu einer buchhalterischen Erhöhung der Staatsverschuldung. Diese ist aber ökonomisch irrelevant, weil man davon ausgehen kann, dass die Zentralbank diese ebenfalls unendlich lange halten wird. Im Gegensatz zur quantitativen Lockerungspolitik ist auch die Übertragung in die Realwirtschaft eindeutig. Der Staat transferiert über Steuersenkung oder zusätzliche Ausgaben direkt Kaufkraft in die Wirtschaft oder als Stabilisierung der Haushalte von Kommunen. In diesem Fall sind es alle krisenbedingten Einnahmeausfälle und Mehrausgaben der Kommunen und ihrer Tochtergesellschaften in Schleswig-Holstein.

Anleihen mit einer Laufzeit von 50 Jahren und mehr wurden schon unter anderem von Frankreich, Österreich, Kanada, der Schweiz und Großbritannien platziert.

Der beabsichtigte Effekt: Nach der Krise sind die Kommunen so gestellt, als hätte es Covid-19 nicht gegeben.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Armut – eine Gefahr für die Demokratie – 30. Dezember 2023

Das Grün-Linke Vermögens-Vernichtungsprogramm – 20. Oktober 2023

Kampf der Kulturen in Deutschland und Europa - am 29. Februar 2024