Stand der Wirtschafts- und Finanzkrise am 30. März 2020


Der globale Crash ist da –

Die Schulden-Blase platzt –

Die 4 Phasen der aktuellen Krise -

Jetzt ist der globale Crash, ausgelöst durch den „Schwarzen Schwan" Coronavirus deutlich schneller und heftiger da, als von vielen erwartet. Die dank des billigen Geldes vollkommen überbewerteten MMärkte werden gegenwärtig gnadenlos auf die Basis der Realität geprügelt. Die Folgen der Krise für die globale Wirtschaft und die Menschen sind katastrophal. Auf den Straßen können wir sie im Moment schon sehen – bald werden wir sie auf unseren Konten auch spüren. Corona macht erst Angst, dann arm. Wann die Talsohle erreicht, wann es einen Impfstoff geben wird, kann noch niemand sagen.


Das Worst-Case Szenario ist da:

  • Nachfrageschock mit fallender Konsumentennachfrage inkl. Einbruch der Reisetätigkeit und geringere Konsumneigung
  • Angebotsschock mit Unterbrechung der Lieferketten, der Produktion, Gesundheitssysteme am Limit und darüber hinaus
  • Finanzmarktschock mit Kursverfall, Bonitätsabstufungen, erhöhte Volatilität, Insolvenz-Kaskaden und Rückgang der Rohstoffpreise
Die ökonomischen Folgen gleichen denen eines Krieges. Die Nachfrage bricht weg, weil die Menschen nicht ausgehen, und die Angebotsseite leidet unter den gestörten Lieferketten. Dazu kommt, dass die Krise – wie schon 1929 – auf eine Weltwirtschaft trifft, die bereits geschwächt ist. Die hohen Schulden, der Brexit, die globalen Handelskonflikte, die Unwucht in der Euro-Zone, das globale Migrationsproblem – all das wird dazu führen, dass der Shutdown tiefe Spuren in der Gesellschaft und in der Wirtschaft hinterlässt.

Corona Auslöser und nicht Ursache der Krise

Wichtig zu wissen ist, dass das Virus der Auslöser, aber nicht die Ursache der gigantischen globalen Wirtschaftskrise ist. Jetzt stehen die Anzeichen nicht nur in Europa, sondern auch global auf Rezession. Nicht nur in Südeuropa, welches sich seit 2008 nicht mehr richtig erholt hat, sondern auch bei dem schwer vom Export abhängigen Deutschland sieht es zappenduster aus. Ebenso verschlechtert sich kontinuierlich die wirtschaftliche Lage in den größten Volkswirtschaften Asiens wie China, Japan, Südkorea, sondern auch in USA, Südamerika und im stark vom Rohstoffexport abhängigen Australien. Fakt ist: Corona hat uns alle fest im Griff – und zwar global und es ist momentan keine Aussicht auf eine Verbesserung der Lage in Sicht.

Desaströse Zahlen im Automobilsektor

Die Konjunktur in Deutschland schmiert ab. Ein drastisches Beispiel ist Deutschlands Schlüsselindustrie, die Automobilindustrie. Dort sieht es mittlerweile verheerend aus.

In den ersten beiden Monaten des neuen Jahres sank die PKW-Produktion um 10,2% zum Vorjahreszeitraum. 2019 sank PKW-Produktion um 9% zum Vorjahr, auf nur 4,66 Millionen Einheiten. Das ist der niedrigste Stand seit 23 Jahren. Bereits im Jahr 2018 ist die Produktion um 9,4% im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen. Die Produktionszahlen liegen unter denen zur Hochzeit der Finanzkrise 2009. Jetzt ist das Coronavirus mitten in Europa und ein Hersteller nach dem anderen stoppt die Produktion. Die Konsequenzen dessen sind bis dato noch nicht einmal ansatzweise zu bewerten. Mit Sicherheit werden die Konzerne ihre Beschäftigungsgarantien zukünftig nicht mehr halten können und die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen sowie die Arbeitslosenzahlen werden rund um den Globus rapide steigen.

Selbst General Motors ist offenbar infolge der umfassenden Reaktionen auf das Coronavirus in eine massive Schieflage geraten. Das ehemals größte Unternehmen der Welt hat nur noch eine 50-prozentige Überlebens-Chance.

Notenbanken haben Pulver verschossen?

Jetzt stellt sich die Frage, was die Geldmagier der Notenbanken aushecken werden um das System noch länger am Laufen zu halten. Die Zinsen sind im Keller, in der Eurozone bereits im negativen Bereich und auch in den USA ist nach der letzten radikalen Zinssenkung nicht mehr viel Luft nach unten. Die Notenbanken haben ihr Pulver größtenteils verschossen.

Man könnte zweifellos die Zinsen noch weiter in den Negativbereich senken. Dann müsste man jedoch ran ans Bargeld. Drastische Negativzinsen sind nur mit rigorosen Bargeldabhebungsbeschränkungen möglich. Hierbei ist jedoch davon auszugehen, dass der Aufschrei der Wähler dann erheblich wäre und somit schlecht für die Parteien, welche sich für eine solche Aktion aussprechen würden. Jetzt ist guter Rat teuer.

Um im „Spiel" zu bleiben geht nur noch das monetäre Endspiel. Frau Lagarde macht nun was ihr Präsident Macron immer forderte. Frankreich nutzt die Krise zur Übernahme von EZB und Eurozone. Staatsanleihen werden künftig zeitlich und zahlenmäßig unbegrenzt gekauft. Bislang galt, dass die EZB bis zu einem Drittel aller zirkulierenden Staatsanleihen eines Landes kaufen durfte. Diese Grenze wurde nun aufgehoben, einer kompletten Finanzierung der Euro-Staaten durch die Zentralbank steht nichts mehr im Wege.


Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliches Handeln", twitterte die EZB-Präsidentin und ehemalige französische Finanzministerin Christine Lagarde. Es gebe „keine Grenzen für unser Engagement für den Euro." Vor Jahren noch undenkbar: Das Programm umfasst auch den Kauf griechischer Staatsanleihen. In einem nächsten Schritt wird die EZB auch direkt Aktien kaufen.

EZB und Eurozone sind nun endgültig französisch dominiert. Die Corona-Krise nutzt Paris, um ein System zu etablieren, gegen das sich Deutschland, Holland und Österreich immer gewehrt haben: Die de facto gemeinschaftliche Haftung für alle Schulden in der Eurozone. Jetzt sind in den Haushalten auch Defizite im zweistelligen Prozentbereich der Wirtschaftsleistung denkbar – über die Zeit der Corona-Krise hinaus.

Helikoptergeld – Geld ohne Gegenleistung für Jedermann

Erkennbar muss noch mehr Geld her, viel mehr Geld, Helikoptergeld her um die Probleme Kraft Druckerpresse abermals in die Zukunft zu verschieben. Da die meisten Staaten bereits bis zur Halskrause verschuldet sind, muss das Geld woanders herkommen. Also müssen die Notenbanken das Geld einfach drucken oder besser gesagt elektronisch per Knopfdruck aus dem Nichts erschaffen. Unter Helikoptergeld versteht man, dass die Notenbanken (direkt oder indirekt) sehr große Mengen an Geld unters Volk bringt und damit der Konsum angeregt wird. Ob dies jedoch tatsächlich gelingt, ist fraglich. Denn der Staat kann die Bürger kaum zum Konsum zwingen. Warum sollen die Bürger in Zeiten großer wirtschaftlicher Unsicherheit konsumieren und nicht sparen, insbesondere wenn sie in immer mehr Ländern lediglich ihre Häuser zum Lebensmittelerwerb und zum Arztbesuch verlassen dürfen? Sparen die Bürger das geschenkte Geld aber, dann wurden Milliarden ausgegeben – ohne jegliche Wirkung.

USA Vorreiter eines irrsinnigen Experiments?

Die USA beabsichtigten diesen Wahnsinn dennoch zu implementieren. Die Amerikaner bekommen einen Scheck über mindestens 1.000 Dollar vom Staat. Laut letzten Berichten sogar 3.164 Dollar pro Steuerzahler (158 Millionen Amerikaner). Man kann davon ausgehen, dass dies nicht der letzte sein wird. Erstmals hat der Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedman die Idee, Geld vom Himmel regnen zu lassen, in den Sechzigerjahren ins Spiel gebracht.

Wie kann so etwas in der Praxis ablaufen?

Die Notenbank der USA, die Federal Reserve Bank (FED), müsste Geld per Knopfdruck aus dem Nichts schaffen, damit die US-Regierung dieses an ihre Bürger verteilen kann. Mittlerweile wird über abstruse Summen spekuliert. Manche sprechen von einer Billion, der ehemalige Präsident FED von Minneapolis hält ein Konjunkturpaket „eher in der Größenordnung von 2,5 Billion Dollar" für erforderlich. Er schlägt vor, dass 10.000 Dollar für jedes Kind und jeden Erwachsenen unter 40 Jahren verteilt wird, da jüngere Menschen das Geld eher verkonsumieren würden als Ältere, welche es voraussichtlich sparen würden. Bei Lichte betrachtet sollten wir uns die Frage stellen, was die Konsequenzen eines solchen Programms für ein Land sind, welches bereits mit über 23,47 Billionen verschuldet ist?

Bekanntlich ist es brandgefährlich aus dem Nichts geschöpftes Geld, welches durch nichts außer unserem Vertrauen gedeckt ist, zu verschenken. Sollten die Bürger das Vertrauen in das bedruckte Papier – welches sich Geld nennt – verlieren, dann ist der Schaden irreparabel. Kurzum, dann ist es zu spät.

Dementsprechend wird mit dieser irrsinnigen Aktion das Problem einer Welt, die bis zur Halskrause verschuldet ist, keinesfalls gelöst, sondern es wird lediglich abermals nur eines Gewonnen – Zeit. Die Finanzwelt ist süchtig nach der Droge billigem Geld. Sie benötigt immer mehr in immer kürzeren Abständen. Auf Dauer kann und wird dies jedoch nicht gut gehen. Es ist lediglich eine Frage der Zeit bis auch die EZB auf diese verzweifelte Maßnahme zurückgreifen wird.

Das „Helikoptergeld", ist das letzte sinnfreie und desperate Aufbäumen vor dem endgültigen Zusammenbruch. Wer bitte wird denn noch an unser Geldsystem glauben, wenn Geld verschenkt wird?

Die Schulden-Blase platzt

Geldgeber misstrauen zunehmend der Bonität vieler überschuldeter Unternehmen, was sich in steigenden Renditen am US-Anleihemarkt bemerkbar macht. Der weltweite Crash infolge des Coronavirus bringt die größte Schuldenblase in der Geschichte zum Platzen.

Der gigantische Schuldenturm, welchen Unternehmen auf der ganzen Welt in den vergangenen Jahren aufgebaut haben, stürzt nun ein. Die Risse in dessen Fundament, auf die viele Experten seit Jahren hinweisen, haben sich vor dem Hintergrund des Abschwungs in der Weltwirtschaft und des grassierenden Coronavirus in den vergangenen Tagen unübersehbar aufgetan.

Ein untrügliches Anzeichen dafür, dass die Geldgeber zunehmend skeptisch auf die wirtschaftliche Entwicklung blicken, sind signifikante Renditesteigerungen im Markt für US-Unternehmensanleihen von wenig kreditwürdigen Firmen – den sogenannten „Junk Bonds". Dort kam es zuletzt zu einem deutlichen Anstieg der Renditen und der Zinsunterschied zu US-Staatsanleihen mit vergleichbarer Laufzeit (welche von vielen Investoren als richtungsweisend für das Zinsniveau an den Finanzmärkten eingestuft werden) hat sich deutlich ausgeweitet.

Was noch erstaunlicher war: In der letzten Februarwoche hat es gar keine Emission einer Unternehmensanleihe in den USA gegeben – weder im riskanten Junk-Sektor noch im als „sicher" geltenden Investment Grade-Sektor, was extrem selten ist. Bloomberg zufolge kam es auch im europäischen Markt für Unternehmensanleihen zu einem Einbruch der Kreditvergabe. Und auch die Schuldenvergabe in Asien sei massiv eingebrochen.

Eine deutliche Verschlechterung der Stimmung im Junk Bond-Markt (und auch im Investment Grade-Bereich) gilt tatsächlich als eines der größten systemischen Risiken innerhalb des Weltfinanzsystems. Hier ballen sich massive Probleme zusammen, die einer kurzen Erklärung bedürfen.

Seit der Finanzkrise des Jahres 2008 haben Staaten, Unternehmen und Privathaushalte – ermutigt durch die dauerhafte und massive Versorgung der Wirtschaft mit aus dem Nichts geschaffenem (Kredit-)Geld durch die Zentralbanken – in enormem Umfang neue Schulden aufgenommen. Schätzungen des Institute of International Finance zufolge lag die Gesamtverschuldung im Jahr 2018 bei 317% der Welt-Wirtschaftsleistung. Inzwischen belaufen sich die Verbindlichkeiten wohl auf etwa 250 Billionen Dollar – exakte Zahlen dazu existieren nicht. Im Jahr 2007, dem Jahr vor Ausbruch der Krise, sollen es etwa 150 Billionen Dollar gewesen sein. Bemerkenswert ist, dass dem Schuldenanstieg von 100 Billionen seitdem nur ein Anstieg der globalen Wirtschaftsleistung von etwa 25 Billionen Dollar von 60 auf etwa 85 Billionen gegenübersteht – rund 4 Dollar Schulden generierten demnach seit 2008 nur noch einen Dollar an Wirtschaftskraft.

Auch die Unternehmen verschuldeten sich im Zuge der geldpolitischen Interventionen der Notenbanken kräftig – gerade auch die US-Unternehmen. Analysten von Metzler Asset Management zufolge erreichten die Schulden der Firmen in den USA im ersten Halbjahr 2019 mit über 95 Prozent der Bruttowertschöpfung ein neues historisches Hoch. Problematisch an den hohen Unternehmensschulden weltweit sind insbesondere zwei Faktoren: die Höhe der Verbindlichkeiten und ihr weiterer Anstieg einerseits sowie die Entwicklung der Bonität der Schuldner andererseits.

Die Gesamtschulden aller Unternehmen sollen 2017 weltweit rund 66 Billionen Dollar betragen haben und sie dürften in den vergangenen Jahren weiter gestiegen sein – 2007 waren es dem Datenspezialisten Creditreform zufolgenur" rund 37 Billionen Dollar. Kommt es in einem solchen Umfeld stark steigender Schulden und vergleichbar verhaltenem Wirtschaftswachstum zu einer deutlichen Abschwächung in der Weltwirtschaft, häufen sich Insolvenzen und die nicht mehr einbringlichen Schulden verursachen große Löcher in den Bilanzen von Banken und Kapitalgesellschaften, welche sich schnell zu einer neuen Finanzkrise ausweitet. Bereits jetzt ist klar, dass das Coronavirus weltweit die Lieferketten massiv gestört haben und die ohnehin seit Jahren schwächelnde Weltwirtschaft in eine globale Rezession führt.

Der zweite Faktor, welcher den Markt für Unternehmensanleihen zu einem Risiko für das Gesamtsystem macht, besteht in der schleichenden Verschlechterung der Bonität der Schuldner – ein Umstand, auf den Experten seit Jahren hinweisen. Denn im Zuge der koordinierten Absenkung der Marktzinsen als Folge der Zentralbankinterventionen (Senkung von Leitzinsen, Aufkauf von Staats- und Unternehmensanleihen, Notkredite TLTROs und vieles mehr) konnten sich zunehmend auch Unternehmen relativ günstig verschulden, denen der Gang an den Anleihemarkt in normalen Zeiten aufgrund ihrer mangelhaften Kreditwürdigkeit unmöglich oder zu teuer gewesen wäre. Es sind insbesondere die daraus resultierenden "Zombie"-Firmen, die die Sorgen bereiten.

Nach Angaben des Bankhauses Metzler sind heute mehr als 12 Prozent aller börsennotierten Unternehmen sogenannte Zombie-Firmen. Vor knapp 30 Jahren lag dieser Anteil bei nur 2 Prozent. Auch in Deutschland gibt es heute deutlich mehr Zombie-Firmen, laut Schätzungen von Creditreform sind es derzeit knapp 180.000, wie die ARD berichtet.

Besondere Sprengkraft geht von dem wachsenden Anteil von mit dem Bonitätssigel „BBB" bewerteten Unternehmen am gesamten Anleiheuniversum aus. Bei der Klasse „BBB" handelt es sich um das schwächste Segment des als relativ sicher geltenden Investment Grade-Bereichs. Rund 3,8 Billionen Dollar an BBB-Anleihen stehen in den USA derzeit aus. Wie aus den Daten von Standard & Poor's hervorgeht, ist der Anteil der mit A, AA oder AAA bewerteten Firmen am US-Anleihemarkt in den vergangenen Jahren schrittweise gesunken, während insbesondere die Klassen B und BBB starke Zuwächse erzielten.

Kommt es nun zu einer globalen Rezession, wie jetzt in der Corona-Krise, rutschen die BBB-Unternehmen als erste aus dem Investment Grade-Bereich in den Junk Bond-Bereich. Aufgrund des erhöhten Anteils am Gesamtmarkt dürfte der Umfang dieser Massenabwertungen viel stärker ausfallen als früher. Es rutschen nun große Teile der Schuldner in eine schlechtere Bewertungsklasse, was dazu führt, dass die (potentiellen) Investoren höhere Renditen auf die von ihnen gekauften Anleihen fordern – neue finanzielle Belastungen, welche im Falle einer Rezession für viele Unternehmen nicht mehr zu tragen sein dürften.

Genau an diesem Punkt entsteht ein sich selbst verstärkender Abwärtsstrudel. Denn der Verlust des Investment Grade-Ratings führt dazu, dass die betroffenen Unternehmen von institutionellen Großinvestoren wie beispielsweise Renten- oder Lebensversicherungen sowie Pensionsfonds nicht mehr im Portfolio gehalten werden dürfen. Die Folge dieser Vorschrift: Es kommt zu Panikverkäufen der Anleihe-Titel, wodurch deren Rendite weiter steigt und die finanzielle Lage der Unternehmen weiter verschlechtert. Am Ende dieser Kaskade steht für viele Schuldner unweigerlich der Bankrott – was wiederum auf die Geldgeber (Banken, Großinvestoren, Hedgefonds etc.) zurückschlägt.

Dass der Stein, welcher diese Insolvenz-Kaskaden ins Rollen bringt, bereits kräftig wackelte, war offensichtlich. Nun ist klar, die Corona-Pandemie war der „Schwarze Schwaan" der den weltweiten Crash auslöste. Die massive Störung von Lieferketten führt auf Unternehmensebene zu massiven Umsatzeinbußen, Produktionsstopps, Massenentlassungen sowie auf makroökonomischer Ebene zu Einbrüchen im Welthandel und zum Rückgang der weltweiten Wirtschaftsleistung.

Im Fall eines größeren Abschwungs sind Unternehmensschulden im Volumen von etwa 19 Billionen Dollar ausfallgefährdet, was 40 Prozent der Gesamtschulden der acht größten Industrienationen entspricht. Das Schuldenrisiko ist damit höher als während der Finanzkrise von 2008.

Die 4 Phasen der aktuellen Krise        


Phase 1 - Der China-Schock (Januar-März): Meist nachteilige angebotsseitige Auswirkungen der chinesischen Corona-Krise durch globale Wertschöpfungsketten im Verarbeitenden Gewerbe. Angebotsbedingte Engpässe sind für einige Hersteller und Produkte spezifisch. Die sektoralen Effekte sind erheblich, aber die Makroeffekte waren zunächst noch gering, da die am stärksten betroffenen Sektoren (Transportmittel, Elektronik, Pharmazeutika, Textilien) nach Angaben der OECD lediglich rund 4% des BIP der EU ausmachen.

Phase 2 - Sektorale Störungen (ab Februar): Ein sektoraler und regionaler Nachfrageschock, der hauptsächlich Tourismus, Luftverkehr. Gastgewerbe und Unterhaltung betrifft. Dies ist ein heftigerer Schock, aber auch hier ist der betroffene Sektor insgesamt gering - höchstens 5% des BIP, wenn Restaurants einbezogen werden, mit einigen Unterschieden zwischen den Ländern (mehr in Italien, Spanien, weniger in Deutschland).

Phase 3 - Akute Gesamtstörung (ab Anfang März in Italien, 1-3 Wochen später in anderen europäischen Ländern): Aggregierter (zusammengeballt) Angebotsschock infolge von Maßnahmen zur Eindämmung der Ansteckung mit eingeschränkter Nachfrage und Mobilität. Diese sind möglicherweise nicht in allen Ländern gleich, aber alle müssen der Beschleunigung der Ansteckung mit Maßnahmen wie Reiseverboten, Abschaltungen öffentlicher Verkehrssysteme und Schulschließungen begegnen. Solche breit angelegten Maßnahmen sind wirtschaftlich sehr weitreichend, da das Arbeitskräfteangebot reduziert wird, Hindernisse für die Geschäftstätigkeit, finanzielle Störungen (Aktienmärkte, Kreditstandards) und ein Rückgang der sozialen Kontakte. Die gesamte Quartalsproduktion dürfte in dieser Phase stark sinken, reduzierte Ölpreise werden als teilweiser Stabilisator wirken.

Phase 4 - Eine mögliche Erholung (ab Mai oder Juni) ist stark abhängig vom Verlauf der Krise, den Folgen auf das Gesundheitssystem und der Reaktion der Gesundheits- und Wirtschaftspolitik.

Corona-Pandemie: Wir befinden uns erst in Phase 2

Am Donnerstag, 12.03.2020 zog die EZB im Kampf gegen eine drohende Rezession eine weitere milliardenschwere Finanzspritze auf. Die Reaktion der Finanzmärkte war eindeutig: zu wenig, zu zaghaft, ungenügend. Auf den freien Fall folgte am Freitag zumindest in den USA ein erster Erholungsversuch, denn auch US-Notenbank Fed und die US-Regierung stemmen sich nun mit milliardenschweren Hilfsprogrammen gegen die Krise.

Anlass, um den Ereignissen der vergangenen Wochen auf den Grund zu gehen. Und das Ergebnis der Analyse fiel ernüchternd aus: Wir befinden uns erst in Phase 2 einer vierstufigen Krise. Auf die Corona-Pandemie und die daraus folgende aktuelle Finanzkrise folgt ein deflationärer Schock für die Realwirtschaft, und am Ende steht die Frage, ob unser Geld- und Wirtschaftssystem wirklich noch funktioniert.

Phase 1: die Epidemie, die keine Pandemie werden musste

Zunächst war es ein Ausbruch des neuartigen Virus in China, die dortigen Behörden gingen zwar erst Ende Januar 2020 – das Virus grassierte schon ab Dezember 2019 in Wuhan – aber dann mit einer für westliche Gesellschaften undenkbaren Konsequenz gegen das Virus vor und scheinen damit Erfolg zu haben: Die Infektionen gingen zurück. Natürlich ist das Virus auch in China nicht besiegt, es wird bleiben, die Bevölkerung durchseuchen und China Jahre begleiten. Die Behörden haben aber Zeit gewonnen. Wir wissen, dass es vor allem darum geht, die Anzahl der schwerkranken Menschen über einen möglichst langen Zeitraum zu strecken, will man nicht durch den Kollaps des Gesundheitssystems die Anzahl der Toten in die Höhe treiben.

In der westlichen Welt herrschte zu dieser Zeit bei den politischen Verantwortlichen Tiefenentspannung. China ist weit und was wissen wir schon, was da auf einem lokalen Geflügelmarkt entkommen ist? Januar, Februar, bis Mitte März - sind Monate vergangen, die mit Abwarten vergeudet wurden. Die Bundespolizei forderte schon am 22. Februar Grenzkontrollen. Erst am 16. März führte die Bundesregierung Kontrollen an den Grenzen ein. Jetzt ist das Virus überall und grassiert exponentiell.

Die Ansteckungskarten von Europa lassen dramatische Infektionsherde vermuten, die mit extrem hohen Ansteckungswerten die Infektionswelle vorangetrieben haben. Es waren die Après-Ski-Zentren in den Alpen, es waren die Karnevalshochburgen, und es waren die Fußballspiele mit Publikum. Politische Verschleppungen und Vertuschungen trugen das ihre bei.

Dazu ein Auszug aus einem Artikel der WELT vom 23.03.2020: „Ebenso denkbar: dass das Virus in Italien bereits viel länger kursiert als gedacht. Giuseppe Remuzzi, Direktor des Mario-Negri-Instituts für Pharmakologische Forschung, wird in der englischsprachigen Ausgabe der „South China Morning Post" mit den Worten zitiert: „Das Virus zirkulierte womöglich bereits, weit bevor wir es identifiziert haben." In Teilen der Lombardei habe es etwa bereits im vergangenen November und Dezember „seltsame Fälle von Lungenentzündung" gegeben, diese hätten sich durch einen schweren Verlauf und eine hohe Sterblichkeit bei älteren Menschen ausgezeichnet, so Remuzzi weiter. Zu diesem Zeitpunkt hatte noch nicht einmal das Ursprungsland China die Existenz der Krankheit offiziell eingeräumt."

Somit ist es sehr wahrscheinlich, dass chinesische Textilarbeiter, die sich massiert in Norditalien angesiedelt haben, das Corona-Virus nach Italien brachten und sich in Europa ausbreiten konnte. Um ja keine Kritik aufkommen zu lassen, spielt das Reich der Mitte jetzt in Europa den fürsorglichen Helfer. Doch anstatt einmal Klartext mit Peking zu reden, bleibt Europa tatenlos.

Statt aus den Erfahrungen der anderen Länder zu lernen, stritten sich unsere Politiker über Schulschließungen und Helden wie der Berliner Bürgermeister schüttelten weiter Hände und machten sich über das Virus lustig, was ja nur so tödlich sei, wie ein normales Grippevirus. Dass dies aber auf eine ungeimpfte und nicht immune Bevölkerung trifft und es vor allem die Schwächsten erreicht, schien dem „sozialen" Bürgermeister nicht so wichtig.

Donald Trumps katastrophales Krisenmanagement

Da tröstet es nicht wirklich, dass es in den USA schlimmer zugeht. Die westliche Welt ist gerade drauf und dran, sich bei der Bekämpfung einer Gesundheitskrise historischen Ausmaßes (Boris Johnson) bis auf die Knochen zu blamieren. Denn wie es geht, zeigten die Nachbarländer Chinas. Taiwan, Vietnam, Hongkong und Singapur haben es mit konsequenten Maßnahmen gleich zu Beginn der Epidemie geschafft, die Erkrankungszahlen gering zu halten. Obwohl die Länder direkt an China angrenzen, liegen die Zahlen der Infizierten absolut und relativ zur Bevölkerung deutlich unter den Werten in Europa. Selbst Südkorea, besonders von der Epidemie getroffen –beweist, wie gut man eine Epidemie in den Griff bekommen kann. Die Todesrate liegt deutlich unter der in anderen Ländern.

Dieser Erfolg der Asiaten ist kein Zufall. Sie haben die Erfahrungen mit SARS gemacht und daraus Schlüsse gezogen. Unsere Politiker hingegen halten es nicht für nötig, von anderen zu lernen, sondern müssen uns unbedingt die Erfahrung auch gönnen. Damit kam es zur Phase 1: der Virus-Epidemie, die, wie wir jetzt wissen, zur Pandemie führte.

Phase 2: Die Finanzkrise, die nur auf den Auslöser wartete

Es begann die Phase 2, die Finanzkrise. In den letzten Wochen erlebten wir atemberaubende Einbrüche an den Aktienmärkten. Nicht wenige Beobachter reiben sich die Augen und fragen, weshalb sich das Virus so verheerend an den Börsen auswirkt. Das Virus hat zwar unzweifelhaft ökonomische Folgen – doch Wertverluste von 30 bis 40 Prozent?

Viele Kritiker haben immer wieder kritisiert, weshalb unser Finanzsystem in den Jahren seit der Finanzkrise nicht, wie von der Politik behauptet, sicherer, sondern im Gegenteil immer unsicherer geworden ist und stets vor den katastrophalen Folgen gewarnt, wenn es denn zu einem Einbruch käme. Was diesen auslöst und wann das der Fall sein würde, konnte keiner sagen. Nun wissen wir es. Es war der „Schwarze Schwaan" Corona-Pandemie.

Folgende Faktoren kamen und kommen zusammen:

Leverage (Hebelwirkung): Dies ist ein entscheidender Faktor, um zu verstehen, was an den Märkten passiert. Deshalb hier die Erklärung. Eilige Leser, denen das Konzept von Leverage bekannt ist, können gleich zum nächsten Abschnitt springen. Das funktioniert so: Beispielsweise, Sie könnten sich eine Aktie zu 100 Euro kaufen, die eine sichere Dividende von zehn Euro pro Jahr bezahlt. Setzen Sie für den Kauf nur Eigenkapital ein, erzielen Sie eine Rendite von zehn Prozent. Attraktiver wäre es, sich 100 Euro von der Bank zu leihen und gleich zwei Aktien zu kaufen. Gibt die Bank sich mit fünf Prozent Zinsen zufrieden, gehen fünf Euro an die Bank und 15 Euro bleiben bei Ihnen. Macht 15 Prozent Rendite. In der Praxis dürfte die Bank noch großzügiger sein und sich mit nur 20 Prozent Eigenkapital zufriedengeben. Sie können sich also zu Ihren 100 Euro noch 400 Euro von der Bank leihen und fünf Aktien kaufen. Von den 50 Euro Dividende gingen dann 20 Euro an die Bank (fünf Prozent auf 400) und Ihnen blieben 30 Euro! Eine Rendite von dreißig Prozent auf das eingesetzte Eigenkapital.

Nun merken auch andere, was für ein gutes Geschäft das ist und geben sich mit Renditen unter 30 Prozent zufrieden, zahlen also mehr für die Aktie. Steigt der Kurs auf 140 Euro, haben Sie nicht nur einen schönen Kursgewinn erzielt, sondern wieder erheblich mehr Eigenkapital. Ihre zur Beleihung zur Verfügung stehende „Margin" (Marge) erhöht sich dadurch auf 300 Euro (100 plus 200 Kursgewinne). Zwar ist die Dividendenrendite von zehn auf nur noch sieben Prozent gefallen. Doch liegt sie damit weiter über dem Zinssatz der Bank. Sie leihen sich weitere 840 Euro und kaufen dazu. Dann haben Sie elf Aktien im Wert von 1.540 Euro und Schulden von 1.240 Euro. Die Rendite auf Ihr Eigenkapital von 300 Euro sinkt zwar auf 16 Prozent, der Gesamtüberschuss (Dividende minus Zinsen) wächst allerdings von 30 auf 48 Euro. Es lohnt sich, solange mehr Schulden aufzunehmen, wie die Dividendenrendite über dem Zinssatz der Bank liegt. Man spricht vom Hebeleffekt (Leverage).

Das funktioniert aber nur, solange die Papiere im Wert steigen und der Kreditgeber keinen Nachschuss auf das Eigenkapital („Margin Call") verlangt. Kann man dann kein Geld nachschießen, muss verkauft werden.

Überbordende Verschuldung: Leverage macht, wie gezeigt, sehr viel Spaß auf dem Weg nach oben. Kommt noch der Eindruck hinzu, dass die Notenbanken einen immer raushauen, wenn es eng wird und Geld billig zur Verfügung stellen, geht man erst recht höhere Risiken ein. Genau dies hat in die Finanzkrise geführt und genau das hat die EZB in den letzten zehn Jahren befördert. Dabei findet Leverage auf allen Ebenen statt: Die Unternehmen leihen sich billiges Geld, um eigene Aktien zurückzukaufen oder Wettbewerber zu übernehmen. Der Effekt ist: Man ersetzt teures Eigenkapital durch billiges Fremdkapital und weist so steigende Gewinne aus. Werden Aktien zurückgekauft, steigt durch die rückläufige Anzahl Aktien der Gewinn pro Aktie. Die Börse freut es und die Manager bekommen höhere Boni.

Damit nicht genug: Die Investoren sind angesichts der tiefen Zinsen gezwungen, mehr Risiken einzugehen, um ihre Performance aufzubessern. Das führt dazu, dass sie riskante Anleihen der Unternehmen zu immer höheren Preisen kaufen und den Zinsunterschied („Spread") zu Staatsanleihen damit runtertreiben. Folge: Die Unternehmen machen noch mehr Schulden – und das am „optimalen Punkt", nämlich im Bereich der BBB-Papiere, die Investoren wie Pensionsfonds gerade noch kaufen dürfen. Sowohl in Europa wie in den USA ist dieses Segment in den letzten Jahren förmlich explodiert.

Weitere Folge: Die Investoren beginnen, ebenfalls mit Leverage zu arbeiten. Sie kaufen die Unternehmensanleihen auf Kredit, weil sie damit wiederum die Rendite ihres Eigenkapitals erhöhen. Die Ratingagenturen drücken derweil bei den Ratings ein Auge zu, wären doch viele Unternehmen sonst in großer Not – General Electric ist ein weithin bekanntes Beispiel dafür.

Wir haben also Leverage Hoch 3: auf Ebene der Unternehmen, auf Ebene der Investoren und sich gegenseitig aufschaukelnd nochmals auf beiden Ebenen.

Die Privaten in die Falle locken: Zu dem Spiel gehört auch, die privaten Investoren, die vor denselben Herausforderungen stehen wie die institutionellen in das Spiel zu bekommen. Dazu wurden die praktisch „risikofreien", weil täglich handelbaren ETFs propagiert. Diese wären nicht nur kostengünstig, sondern auch jederzeit zu verkaufen. Was nicht verraten wurde: Gerade bei Fonds, die in Anleihen investieren, ist es in der Praxis nicht möglich bzw. nur unter großen Abschlägen. Der Markt ist nämlich nicht so liquide, wie gern erzählt wurde. Das aber verstärkt im Falle einer Panik die Abwärtsentwicklung.

Falsche Regulierung: Wie schon in der Finanzkrise wird auch hier falsch reguliert. Statt das Problem an der Wurzel zu packen – an der hohen Verschuldung –, wurde an Symptomen herumgedoktert. So können Banken heute faktisch nicht mehr als Marktmacher agieren, halten kein eigenes Buch (An- und Verkauf auf eigene Rechnung) mehr. Was die Banken sicherer machen sollte, gestaltet das System unsicherer, weil es im Fall der Fälle keine Käufer mehr gibt. Das beschleunigt die Panik.

Das ist alles lange bekannt. Jeder konnte sehen, wie mit einer weiteren Runde von Wertpapierkäufen durch die Notenbanken – angeblich zur Bekämpfung der Deflation – das Leverage-Monster gemästet wurde. Die Profis wussten, dass die Regulierung den Ausgang aus dem Markt verengte. Alle tanzten nach dem Motto, es wird schon gut gehen, denn die Notenbanken kommen immer, wenn es brenzlig wird. Die Vermögenspreise stiegen weiter und der Leverage wurde nachgezogen.

Doch nun hatten wir einen anderen Auslöser. Einen Virus, der Nachfrage- und Angebotsseite trifft. Und wir haben es mit Notenbanken zu tun, die ihre Munition in den letzten Jahren schon verfeuert haben, im Bemühen, die keineswegs bewältigte Finanzkrise zu unterdrücken.

Damit kam es zum Crash. Das Leverage-Spiel drehte sich um:

  • Unternehmen mit hohen Schulden merken plötzlich, dass der Cashflow sinkt. Das wirkt sich überproportional auf die Gewinne aus und gefährdet die Fähigkeit, Schulden zu bedienen. Das Rating wackelt. Kein Wunder, dass Unternehmen mit hohen Schulden am stärksten gefallen sind.
  • Die Anleihegläubiger dieser Unternehmen werden nervös und müssen verkaufen. Dabei merken sie, dass die Liquidität im Markt nicht so ist, wie erwartet. Der Verkaufsdruck nimmt zu. Anleihefonds fallen.
  • Die Börsianer erkennen, dass die Gewinnerwartungen – die ohnehin schon überzogen waren – nicht zu halten sind. Vor allem haben sie Angst, andere könnten vor ihnen verkaufen. Die Kurse beginnen zu sinken.
  • Alle, die auf Kredit gekauft haben, werden nervös. Denn sobald die Preissteigerungsrate des gekauften Gutes unter die Finanzierungskosten sinkt, sind wir in der Crash-Zone. Dies erklärt auch, warum es selbst bei Null- und Negativzins Crashs geben kann.
  • Die Verkaufswelle beginnt und verstärkt sich immer mehr. Margin Calls nehmen zu, es geht nur noch um Liquidität. Deshalb fällt am Ende alles, selbst Gold und zuweilen sogar Staatsanleihen.
In dieser Phase befinden wir uns, Mitte März 2020. Ob sie schon zu Ende ist? Gut möglich, aber es ist noch lange nicht Zeit für eine Rückkehr im Dax über 12.000 Punkte. Phase 2 läuft weiter.

Phase 3: Die Realwirtschaft, die einen deflationären Schock gar nicht verkraftet

Während Phase 2 sich weiterentwickelt, beginnt Phase 3. Das Virus hätte unstrittig große Auswirkungen auf die Realwirtschaft gehabt. Aber diese wären beherrschbar gewesen, wenn die Politiker des Westens wie Singapur, Taiwan und Vietnam gehandelt hätten. Und wenn das Chaos nicht auf eine Finanzwelt getroffen wäre, die – angefeuert vom billigen Geld der Notenbanken (die damit das Versagen der Politik, Grundprobleme wie dysfunktionalen Euro und überschuldete Welt zu lösen kaschiert haben) – den Leverage auf die Spitze trieb. Auf die Finanzkrise folgt nun die Wirtschaftskrise.

Wie in der Finanzkrise haben wir es mit einem deflationären Schock zu tun. Verfallende Vermögenspreise führen bedingt durch die hohe Verschuldung bei immer mehr Wirtschaftsteilnehmern zum Zustand der Überschuldung. Eine Welle von Konkursen mit verheerenden Auswirkungen wird zwangsläufig die Folge sein.

Dabei trifft der Prozess keineswegs nur die bösen Spekulanten. Es trifft jeden, der mit Kredit arbeiten muss und damit die gesamte Wirtschaft: Restaurants, Hotels, Handwerker, Künstler, Industriebetriebe. Alle haben finanzielle Verpflichtungen, denen sie sehr schnell nicht nachkommen können, wenn sie keine Einnahmen mehr haben: Miete, Zins, Tilgung, Löhne, Steuern und Sozialabgaben. Alles will bezahlt werden, auch wenn keine Kunden oder Aufträge kommen.

Damit wird der Einbruch an den Finanzmärkten zu einem realen Problem und es verstärkt sich, wenn die Marktteilnehmer Zweifel daran bekommen, dass es der Politik noch gelingt, diese Depression zu verhindern.

Bis zur Corona-Entwarnung, die derzeit recht weit weg scheint, werden so viele Firmen pleitegehen und dann Menschen arbeitslos sein, dass der Schaden kaum noch wettzumachen ist – und dem jähen Einbruch kein Aufholen mehr folgt.

Selbstverständlich hilft es schon, wenn es jetzt erst mal sehr viel schneller staatlich subventioniertes Kurzarbeitergeld gibt, damit Unternehmen ihre Leute nicht gleich entlassen müssen, wenn Umsätze wegbrechen. Und wenn es unbegrenzt Kredite für getroffene Betriebe gibt, damit diese ihre laufenden Kosten begleichen können. Und wenn Unternehmen ihre Steuern vom Fiskus gestundet bekommen.

Der Haken ist, dass all das nicht ausreichen wird, wenn nicht bald ein Corona-Wunder passiert. Kurzarbeit kann überbrücken, bringt den Firmen ihr Geschäft aber nicht zurück. Was hilft es, zu noch so günstigen Konditionen einen Kredit zu bekommen, um Rechnungen zu bezahlen, wenn der Umsatz für immer verloren ist – und der Kredit nach der Krise dann trotzdem zurückzuzahlen ist. Da wird es in der Zeit nach der Krise für etliche eigentlich bisher solide Firmen schwer werden, wieder zur Normalität zurückzukehren.

Der deutsche Staat muss in der akuten Not bei den genannten Unternehmen für die nächsten drei, vier Monate einspringen, die durch den Corona-Stillstand gelähmt sind, und die weiter anfallenden Kosten übernehmen. Dazu zählen Löhne und Gehälter, wenn sie nicht ohnehin über Lohnfortzahlung oder Kurzarbeitergeld gesichert sind, ebenso wie Laden- oder Büromieten, Zins- und Energiekosten. Wer zahlen kann, der zahlt, wer nicht, freut sich über die Liquiditätshilfe.

Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Ineffizienzen und Fehlallokationen bei der Bereitstellung fiskalischer Mittel sind großzugig einzukalkulieren. Jetzt ist die Zeit, auf der richtigen Seite zu irren. Jetzt ist nicht die Zeit, um auf die Einhaltung von Schuldenbremsen und Maastricht-Kriterien zu pochen. Lieber zu viel als zu wenig muss jetzt die Devise sein. Denn kommt es zu nachhaltigen Verwerfungen durch die Pandemie, so können die fiskalischen Kosten im Endeffekt sogar noch größer sein.

Klar ist natürlich, dass diese fiskalpolitische Agenda ein Ritt auf einem schmalen Grat ist. Einerseits laden die Zinsen auf Rekordtiefs zu mehr Schuldenmachen ein, andererseits warnen die CDS-Spreads z. B. von italienischen Staatsanleihen im Vergleich zu den deutschen oder die hohen italienischen Schuldenniveaus vor möglichen negativen Effekten nicht erfolgreicher Fiskalprogramme. Aber was wäre die Alternative?

Hinterließ schon die zurück liegende Finanzkrise einen immensen Schuldenberg, den die Weltwirtschaft als ganze nie wieder abgebaut hat, so werden die fiskalpolitischen Folgen der Corona-Krise das weltweite Schuldenniveau auf ein neues Schuldenplateau
anheben. Entsprechend fragiler wird die Weltwirtschaft aus dieser Krise herauskommen.

Verstehen es die Politiker? Grünen-Chef Habeck schlug in den Heute-Nachrichten des ZDF am 19. März 2020 vor, Hotel- und Restaurantbesitzer sollten die Zeit nutzen, ihre alte Ölheizung durch ökologische Technologien zu ersetzen. Weshalb Unternehmen, die keine Liquidität haben, um ihren laufenden Verpflichtungen nachzukommen, Geld, das sie nicht haben, für eine Investition ausgeben sollen, die sich nicht rechnet, erklärte er nicht. Angesichts solcher Vorschläge ist Panik an den Märkten mehr als verständlich.

Verstehen das die Notenbanken? Man könnte hoffen, ja. So soll Frau Lagarde in der Videokonferenz mit den EU-Regierungschefs Parallelen zur Finanzkrise gezogen haben. Dies spricht dafür, dass ihr und den anderen die Dynamik von Leverage und De-Leverage vertraut ist, erklärt aber nicht, warum die Notenbanken in den letzten zehn Jahren das Spiel befeuerten. Denn sie können sich jetzt nicht mit Unkenntnis herausreden.

Können die Notenbanken noch was bewirken? Die Notenbanken haben seit der Finanzkrise ihre Bilanzen um 14 Billionen US-Dollar ausgeweitet. Sie haben die Zinsen in Richtung null – oder in Japan und der Eurozone – unter null getrieben, sie haben Banken, die eigentlich insolvent sind, immer mehr Rettungsschirme zugeworfen. Alles angeblich, um Deflation zu bekämpfen, in Wirklichkeit, um das schon seit der Finanzkrise erforderliche De-Leveraging zu vermeiden. Damit sind die Notenbanken am Ende der normalen Möglichkeiten. Dies steckt hinter dem Entscheid der EZB vom 19.03.2020. Dies steht auch hinter der enttäuschenden Reaktion an der Wall Street auf die Maßnahmen der Fed. Das Ende des Glaubens an die Allmacht der Notenbanken hat begonnen. In den kommenden Jahren werden diese Institutionen deutlich auf den Prüfstand gestellt werden, tragen sie doch eine erhebliche Mitschuld an den Blasen und Krisen der letzten 30 Jahre.

Da die Notenbanken ihr „Pulver verschossen" haben, wachsen die Sorgen, dass es mit der Wirtschaft eben länger und tiefer bergab geht. Je länger Phase 2 andauert, desto höher die Wahrscheinlichkeit für eine längere Phase 3 – was dann Phase 2 wiederum verlängert.

Die Antwort wird in der koordinierten Geld- und Fiskalpolitik liegen: von den Notenbanken direkt finanzierte Konjunkturprogramme des Staates. Helikoptergeld, Modern Monetary Theory (MMT), Green Deal – wir werden alles bekommen. Nachzulesen hier.

Phase 4: Die Systemfrage wird offensichtlich

Es gärt schon seit Langem in den Gesellschaften des Westens. Spätestens seit der Finanzkrise ist klar, dass das Geldsystem durch die Fehlanreize der Notenbanken und durchaus im Interesse der Politiker immer mehr aus dem Ruder gelaufen ist. Im Kern lassen sich folgende Probleme diagnostizieren:

  • immer größerer Anteil des Finanzsektors an der Wirtschaftsleistung
  • zunehmende Zombifizierung der Realwirtschaft
  • abnehmende Produktivitätsfortschritte
  • stagnierende Realeinkommen
  • zunehmende Ungleichheit der Vermögensverteilung
Die Antworten zur Lösung dieser Probleme sind politisch nicht einfach: Geht es doch um eine Abkehr von der Droge des billigen Geldes, echte Reformen zur Steigerung der Produktivität und eine Reduktion der viel zu hohen Verschuldung. In Europa kommt das Konstrukt des Euro hinzu, dass statt zu einer Angleichung zu einer zunehmenden Auseinanderentwicklung der Wirtschaften führt.

Die zweite Finanzkrise innerhalb von zehn Jahren und die demnächst offen wieder aufbrechende Eurokrise nach weniger als acht Jahren führen den Bürgern vor Augen, dass die Politik ihre Arbeit nicht macht. Die unzureichende Reaktion auf die Pandemie, also das Versagen, die Gesundheit der Bürger zu verteidigen, kommt hinzu und wird das Vertrauen in die politischen Eliten zusätzlich schwächen. Polarisierung und Radikalisierung werden zunehmen. Derweil beweisen die aufstrebenden Nationen Asiens, wie man es macht: gelenkte Wirtschaft, starker Staat, stabile Finanzsysteme.

Die Systemfrage liegt auf dem Tisch und der Westen macht keine gute Figur.

Ausblick: Phasen 1 bis 3 werden uns in diesem Jahr begleiten. Hoffen wir, dass es gelingt, sie so kurz und schmerzfrei wie (noch) möglich zu gestalten. Phase 4 gewinnt an Schwung und präsentiert uns allen die Rechnung für das Leugnen und Verschleppen grundlegender Probleme in den letzten Jahrzehnten.

Die Welt fährt auf Sicht, und die Sicht ist schlecht. Dass am Ende des Tunnels ein Land liegt, das so aussieht wie vorher, glauben viele schon heute nicht mehr. Gnadenlos legt die Pandemie Schwächen offen, die unbemerkt im Alltag vieler Länder schlummerten.

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