Aktuelle Lage der Euro- und Staatsschuldenkrise am 21. Februar 2020


Vorsicht vor dem digitalen Euro!

Die EZB erwägt, digitales Zentralbankgeld einzuführen. Das ist ein riskanter Plan - und sollte nur unter strengen Bedingungen erlaubt werden.

Brauchen wir eine digitale Alternative zum Bargeld? Die Europäische Zentralbank (EZB) denkt darüber nach, auch in anderen Notenbanken köchelt die Debatte. Jüngst hat die EZB mit den Währungshütern Kanadas, Japans, Schwedens und der Schweiz sowie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich mit dem Für und Wider eines digitalen Zentralbankgeldes beschäftigt.


Was steckt hinter den Überlegungen?

Und wie könnte ein digitaler Euro aussehen? Im Grunde genommen muss man sich digitales Zentralbankgeld wie immaterielles Bargeld vorstellen: Speichermedien (Geldkarten, Mobiltelefone) übernähmen die Funktion einer Geldbörse. Denkbar wäre auch, dass die Bürger Guthaben direkt auf Konten bei der Zentralbank halten. Mit einem digitalen Euro könnte die EZB darauf reagieren, dass Bargeld von Teilen der Bevölkerung als unbequem empfunden und durch Banküberweisungen zurückgedrängt wird.

Viele Menschen sehen darin kein Problem. Allerdings übersehen sie, dass Bargeld etwas fundamental anderes ist als ein Guthaben auf Bankkonten. Die von der EZB und den nationalen Notenbanken ausgegebenen Euro-Scheine sind das einzige gesetzliche Zahlungsmittel in der Währungsunion, sie müssen von allen Gläubigern angenommen werden. Dieses Geld kann der EZB nie ausgehen, weil sie das alleinige Recht hat, es herauszugeben. Insofern ist Zentralbankgeld sicher, es ist das eigentliche Geld. Dagegen handelt es sich bei Bankguthaben um Geschäftsbankengeld. Bankkunden können verlangen, sich ihre Guthaben komplett in bar, also in Form von Zentralbankgeld, auszahlen zu lassen. Darauf basiert die Glaubwürdigkeit des Geschäftsbankengeldes.

Sollte Bargeld aus dem Geschäftsleben verschwinden, fehlt dem Geschäftsbankengeld der Vertrauensanker. Deshalb ist es nicht grundsätzlich falsch, dass die EZB über eine digitale Alternative zum Bargeld nachdenkt. Allerdings birgt ein digitaler Euro, wenn er falsch ausgestaltet ist, hohe Risiken. Die EZB sollte ihn nur einführen, wenn fünf Bedingungen erfüllt sind.


Gefahr des digitalen Bank-Runs

Erstens sollte der digitale Euro das Bargeld nicht vollständig ersetzen, sondern nur ergänzen. Das bedeutet: Die Bürger und nicht die Zentralbanken entscheiden, womit sie bevorzugt zahlen.

Zweitens sollte der digitale Euro wie Bargeld zinslos sein: Bargeld verhindert, dass die Zentralbanken die Zinsen massiv in den negativen Bereich drücken können. Setzen sie den Leitzins beispielsweise auf minus zwei Prozent, wäre es für Anleger günstiger, auf zinsloses Bargeld auszuweichen trotz Lager- und Versicherungskosten. Das änderte sich, wenn der digitale Euro die Münzen und Scheine vollständig ersetzte und mit einem negativen Leitzins verzinst würde.

Drittens darf die Zentralbank nicht die Kreditvergabe verzerren: Wenn ein Bürger sein Giroguthaben in digitale Euro umtauschen will, muss ihm seine Bank den Betrag auf sein Zentralbankkonto überweisen. Dafür benötigt sie Zentralbankgeld in entsprechender Höhe. Durch das Ausbuchen der Giroguthaben des Kunden wird aber kaum Zentralbankgeld für die Bank frei, weil die Kundenguthaben nur mit wenig Zentralbankgeld unterlegt sind. Diese Finanzierungslücke müsste die Zentralbank schließen - dazu sollte sie den Banken das benötigte zusätzliche Zentralbankgeld gegen Sicherheiten leihen. Hingegen sollte sie kein Zentralbankgeld bereitstellen, indem sie den Banken Unternehmens- oder Staatsanleihen abkauft. Dadurch würde die Zentralbank indirekt einzelne Unternehmen oder Staaten finanzieren, diese gegenüber anderen Kapitalnachfragern bevorzugen und so die Verteilung der volkswirtschaftlichen Ersparnisse verzerren.

Viertens braucht es Vorkehrungen gegen Bank-Runs, weil Anleger ihre Giroguthaben bei echten oder vermeintlichen Krisen per Mausklick oder Wischbewegung in sichere digitale Euro tauschen und das Bankensystem so viel schneller destabilisieren könnten als im Fall des trägeren Bargelds. Zwar steht die Zentralbank grundsätzlich bereit, solventen Banken ausreichend Zentralbankgeld zur Verfügung zu stellen. Aber Schnelligkeit und Umfang eines digitalen Bank-Runs könnten die Zentralbank operativ überfordern. Um diesen Risiken zu begegnen, sollten die Bürger nur so viel Geld kostenlos in digitale Euro umtauschen dürfen, wie sie für ihre laufenden Zahlungen benötigen. Für Bankguthaben, die dagegen der reinen Geldanlage dienen, sollten nennenswerte Tauschgebühren vorgeschrieben werden. Schließlich lassen sich große Bargeldmengen auch nicht kostenlos lagern.

Fünftens müsste für den digitalen Euro vermutlich das EU-Recht geändert werden. Das dürfen die weniger stabilitätsorientierten Mitgliedsländer nicht zum Anlass nehmen, die EZB noch mehr für die Staatsfinanzierung einzuspannen.

Sind diese fünf Forderungen nicht erfüllt, sind die Risiken des digitalen Euro höher als die Chancen. Bundesregierung und Bundesbank sollten sich dann querstellen. Schließlich besteht beim digitalen Euro kein Zeitdruck: In den meisten Ländern ist Bargeld immer noch beliebt.

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