Der Konstruktionsfehler des Euros - am 30. Mai 2025


Der Konstruktionsfehler des Euros

Die Eurozone sei kein optimaler Währungsraum, monieren eurokritische Stimmen. Die regionalen Unterschiede innerhalb der Eurozone seien zu groß, als dass eine gemeinsame Währung eine Klammer um die Mitgliedsstaaten bilden könne.

Doch sind die Unterschiede in den USA, welche sich solchen Vorwürfen nicht ausgesetzt sehen, geringer als in der Eurozone?  Sind sich Kalifornien, Kansas, Alabama und New York tatsächlich ähnlicher als Portugal, Deutschland, Finnland und Slowenien? Wohl kaum. Aber es gibt einige strukturelle Unterschiede zwischen dem Bundesstaat USA und dem Staatenbund EU.

So belaufen sich die Ausgaben der Bundesregierung in den USA - die nicht als übermäßig zentralisiertes Land gelten - auf rund zwei Drittel der Staatsausgaben (Bund, Bundesstaaten, Gemeinden). Dieser Wert ist während der Corona-Pandemie deutlich gestiegen; davor lag er unter 60%.

Dennoch ist der Unterschied zur EU frappant. Das EU-Budget entspricht nämlich nur etwa 3% sämtlicher Staatsausgaben innerhalb der EU. Selbst in der föderalistischen, dezentral aufgebauten Schweiz steuert der Bund mehr als 30% aller öffentlichen Ausgaben bei. Die EU erhebt im Gegensatz zur amerikanischen oder schweizerischen Bundesregierung keine eigenen Steuern und finanziert sich - abgesehen von geringfügigen Einnahmen aus Zöllen und Abgaben - vor allem aus Beiträgen der Mitgliedsstaaten. Das heißt, dass es im Euroraum zwar eine gemeinsame Geldpolitik gibt, die Fiskalpolitik hingegen in den einzelnen Ländern gemacht wird. Die EU und auch die Institutionen der Eurozone haben nur beschränkte fiskalpolitische Gestaltungsmöglichkeiten.

Ein weiterer Unterschied: Die Arbeitnehmer in den USA sind um einiges flexibler. Denn in der EU hemmen die stark regulierten Arbeitsmärkte sowie sprachliche Hürden die Mobilität. Ein New Yorker zieht eher nach Kalifornien als ein Finne nach Portugal. Das erschwert die Anpassungsprozesse zwischen den Regionen bei unterschiedlicher wirtschaftlicher Entwicklung. Läuft die Konjunktur auf Hochtouren, ist das weniger ein Problem: Es profitieren alle Länder. Die Problematik der regionalen Unterschiede zeigt sich insbesondere in wirtschaftlich schwächeren Phasen. Waren vor einigen Jahren die südlichen Länder Portugal, Italien, Spanien und Griechenland - die zusammen mit Irland zweideutig als PIIGS-Staaten bezeichnet wurden - die Sorgenkinder, so sind es aktuell eher die Schwergewichte Deutschland und Frankreich, die mit Wachstumsschwierigkeiten kämpfen. In beiden Phasen fehlt(e) wegen der Einheitswährung der Wechselkurs als ausgleichendes Ventil.

Der Euro hat in seiner noch jungen Geschichte eine wechselhafte Entwicklung durchgemacht. Nach der Lancierung als Buchgeld am 1. Januar 1999 bei etwa EUR / USD 1,18 fiel er im Verlauf des Jahres 2000 bis auf EUR/USD 0,82. Mit der Einführung des Euro-Bargeldes Anfang 2002 folgten die Flitterwochen (oder besser Flitterjahre) der Einheitswährung, die den EUR/USD-Wechselkurs bis 2008 auf 1,60 in die Höhe trieben. Seither ging es - wenn auch immer wieder unterbrochen von stärkeren Gegenbewegungen - mehr oder weniger stetig bergab, 2022 erstmals seit zwanzig Jahren sogar wieder unter die Parität. Der aktuelle Kurs liegt bei rund EUR/USD 1,04.

Fazit: Soll der Euro nicht nur ein politischer Willensakt bleiben, sind die Bemühungen des französischen Präsidenten Macron im Grunde richtig. Er möchte die europäische Integration vorantreiben und die Eurozone in Richtung Fiskalunion entwickeln.

Nur ist die Abgabe nationaler Souveränität, der Schritt zur Vergemeinschaftung von Schulden und die Ausweitung von Transferzahlungen politisch schwer durchsetzbar.

Das lässt eine Entwicklung vom Staatenbund zum Bundesstaat als sehr unwahrscheinlich erscheinen. Der Vertiefung der europäischen Integration sind somit Grenzen gesetzt - ein Konstruktionsfehler des Euro.


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